Allianz Österreich: „Investitionen für das Klima“
Die Allianz Versicherung hat in Österreich bereits 2015 den dauerhaften Komplettausstieg aus Kohleabbau in ihren Investmentportfolios vollzogen. Nun sollen bis 2030 alle Kundengelder nachhaltig investiert werden. Rémi Vrignaud, CEO der Allianz Gruppe in Österreich, spricht im Interview über Nachhaltigkeit und Geld als Hebel für Veränderungen.
Derzeit erlebt die heimische Wirtschaft einen völligen Umbruch. Ist das aus Ihrer Sicht auch eine Chance hier neue Schwerpunkte zu setzen?
Rémi Vrignaud: Die Folgen der Corona-Krise haben unsere Gesellschaft und die heimische Wirtschaft tief getroffen. Die aktuelle Situation ist für uns alle eine große Herausforderung. Wir setzen hier drei Prioritäten: Am wichtigsten ist uns, die Gesundheit unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und Kundinnen und Kunden bestmöglich zu schützen. Trotzdem müssen wir für unsere Kunden ganz normal erreichbar bleiben, das gelingt uns durch unsere digitalen Services wie Schadenmeldung per App oder die SMS-Unterschriftenfunktion sehr gut. Ganz wichtig ist es uns, auch in der Krise ein sicherer Arbeitgeber zu sein. Wir haben deshalb keine Mitarbeiter zur Kurzarbeit angemeldet und den Betrieb im Home Office vollständig aufrechterhalten. Wir wollen diese positiven Erfahrungen mitnehmen und in die Weiterentwicklung des Unternehmens einfließen lassen.
Es geht hier also nicht um einzelne grüne Fonds, sondern um eine strategische Ausrichtung des Kerngeschäfts
Die Allianz setzt sich nun verstärkt für das Thema Nachhaltigkeit ein. Warum dieser Fokus auf das Thema Nachhaltigkeit?
Die Allianz war vor fünf Jahren die erste Versicherung, die aus Investments in Kohleabbau ausgestiegen ist. Und wir haben uns 2014 dazu verpflichtet, unsere Kapitalanlagen schrittweise in Richtung Nachhaltigkeit zu lenken. Bis 2030 wollen wir alle Kundengelder nachhaltig investieren. Es geht hier also nicht um einzelne grüne Fonds, sondern um eine strategische Ausrichtung des gesamten Kerngeschäfts. Ich denke es ist wichtig und richtig, hier ein klares Zeichen zu setzen. Die Folgen der Klimaerwärmung sind unübersehbar. In der Versicherungsbranche spüren wir das zum Beispiel durch mehr Elementarschäden aufgrund extremer Wetterkapriolen, Naturkatastrophen oder Ernteausfälle. Die Fridays-for-future-Generation als unsere zukünftigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bzw. Kundinnen und Kunden erwarten zurecht Handlungen, auch von der Wirtschaft.
Reicht es nicht aus, dass wir Bio essen oder uns mit strombetriebenen Fahrzeugen bewegen?
Das alles ist gut und wichtig. Ich selbst zum Beispiel versuche, so wenig wie möglich mit dem Auto zu fahren. Besonders privat fahre ich hauptsächlich mit dem Rad oder meinem E-Scooter. Und in meiner Familie essen wir bewusst weniger Fleisch, dafür in guter Qualität und nur aus Österreich. Die Nachfrage lenkt das Angebot, und wenn die Nachfrage wächst, wird es in Zukunft auch vermehrt klimafreundliche Lösungen für den Alltag geben. Wir müssen unsere alltäglichen Gewohnheiten ändern. Aber wenn es um einen wirklichen Systemwandel gegen die Klimakrise geht, braucht es Geld und Investitionen von Unternehmen – das können Privatpersonen alleine nicht stemmen.
Wie kann Geld die Welt positiv verändern?
Es geht vor allem jetzt nach Corona um einen Neustart, der die Wirtschaft stärkt, das Klima schützt und Resistenz für zukünftige Krisen sicherstellt. Wir als Allianz setzen dort an, wo unser größter Hebel ist: Beim Geld bzw. Kapital, das wir verwalten. Jeder Prämieneuro, egal ob von einer Haushalts-, Kfz- oder Lebensversicherung, wird von der Allianz am Kapitalmarkt veranlagt.
In der Allianz Österreich werden wir dieses Geld verstärkt in zukunftsorientierte Bereiche wie erneuerbare Energien, öffentlichen Transport oder den Gesundheitssektor investieren.
Aktuelle Studien zeigen, dass Finanzdienstleister noch immer nicht mit dem Thema Nachhaltigkeit identifiziert werden. Woran liegt das aus Ihrer Sicht?
Es fehlt das Bewusstsein dafür, welchen enormen Hebel die Finanzströme in dieser Welt haben. Für große Veränderungen wie die Energie- oder Mobilitätswende braucht es ein Umdenken und damit verbunden hohe Investitionen. Weltweit verwalten Finanzdienstleister 89 Billionen Euro. Allein in Österreich werden 174 Milliarden Euro in Fonds investiert. Stellen Sie sich vor, was es bewirken könnte, wenn dieses Geld nur mehr in nachhaltige Projekte fließen würde. Dieses Bewusstsein gilt es zu schaffen. Es gibt bereits nachhaltige Angebote am Finanzmarkt und ich bin zuversichtlich, dass sich zukünftig hier viel bewegen wird.
Welche Herausforderungen gilt es dabei zu meistern?
Wir stehen in der Finanzbranche teils vor der Herausforderung, dass unsere Produkte und Dienstleistungen nicht so „greifbar“ sind. Wenn ich Plastik reduziere, auf Fleisch oder Flugreisen verzichte, merke ich für mich persönlich den direkten Unterschied. Zu Finanzdienstleistungen gibt es eine größere Distanz. Hier liegt es an uns, unsere Leistungen im Nachhaltigkeitsbereich für unsere Kundinnen und Kunden transparent, messbar und auf den ersten Blick sichtbar zu machen.
Wie darf man sich das vorstellen?
Wir setzen seit Jahren viele Maßnahmen und wir gehen unseren Weg konsequent weiter. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, für unsere Kundinnen und Kunden noch mehr Transparenz zu schaffen. Mit unserer aktuellen Aufklärungskampagne unter dem Motto #gemeinsamgehtdas wollen wir den Österreicherinnen und Österreichern zeigen, wie einfach sie einen Beitrag für eine nachhaltigere Zukunft leisten können – indem sie sich darüber informieren, was die Versicherung oder die Bank mit ihrem Geld macht.
- Jeder Prämieneuro, egal ob von einer Haushalts-, Kfz- oder Lebensversicherung, wird von der Allianz am Kapitalmarkt veranlagt.
- Die Allianz Gruppe in Österreich verwaltet ein Vermögen von aktuell rund 5,8 Milliarden Euro. Davon sind derzeit 88 Prozent nachhaltig veranlagt.
- Gesamte Kapitalanlagen erfolgen nach strengsten Nachhaltigkeitskriterien und werden vom WWF kontrolliert.
- Geld wird verstärkt in Bereiche wie erneuerbare Energien, öffentlichen Transport oder den Gesundheitssektor investiert.
Die große Frage ist aber immer auch - was ist nachhaltig?
Sie sprechen hier eine sehr große Herausforderung an, mit der wir konfrontiert sind. Bisher gab es keine internationalen Richtlinien oder Vorgaben dazu, ob ein Investment nachhaltig ist oder nicht. Die entsprechende EU-Taxonomie-Verordnung wird erst Ende 2021 anwendungsbereit sein. Die Bewertung der Allianz Investments anhand von ökologischen, sozialen und Governance-Kriterien führt das Wiener Sustainable-Finance-Unternehmen ESG Plus durch. Der WWF kontrolliert die Einhaltung der Nachhaltigkeitskriterien sowie die Erreichung der zwischen Allianz und WWF vereinbarten Ziele.
Nachhaltige Geldanlage und Versicherungen sind noch immer ein Minderheitenprogramm. Liegt das nicht zuletzt auch daran, dass diese Form der Geldanlage weniger Rendite abwirft?
Das Blatt hat sich in den letzten Jahren gewendet. Es gibt immer mehr Studien, die zeigen, dass nachhaltige Investments gleich oder sogar rentabler sind. Die Erfahrungen mit unserem eigenen Nachhaltigkeitsfonds zeigt über die Jahre eine sehr positive Entwicklung, vor allem wenn langfristig angelegt wird. Neben dem Wunsch nach Rendite fragen sich immer mehr Anleger: Was passiert mit meinem Geld? Wo wird investiert? In welche Unternehmen, Branchen, Projekte? Und damit auch: Wie klimaschädlich oder -freundlich ist ein Investment? Mittlerweile ist nachhaltige Geldanlage eine Trendbewegung, auch in Österreich steigen verantwortliche Investments jedes Jahr an. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber der Weg ist noch lang. Nur knapp 16 Prozent des österreichischen Finanzvermögens ist derzeit nachhaltig veranlagt.
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