Wie urbanes Lebensgefühl entsteht

Stadtgespräch, Stadtfest
Die City bekommt ein "Goldenes Quartier". Doch sorgt Luxus für mehr Lebensqualität?

Von Prada bis Louis Vuitton – nicht weniger als 18 Luxusboutiquen beherbergt das „Goldene Quartier“ in der Wiener Innenstadt an der Tuchlauben. Doch braucht die City überhaupt eine solche Nobel-Meile? Und bleibt bei so viel Kommerz die städtische Lebensqualität auf der Strecke? Darum ging es beim KURIER-Stadtgespräch, das am Freitag im Rahmen des 30. Stadtfests über die Bühne ging.

In Sachen Edel-Shopping in der City sei der Plafond noch längst nicht erreicht, ist Christoph Stadlhuber von der Signa Holding überzeugt. Seine Firma hat das Goldene Quartier entwickelt. „Im Vergleich zu Zürich oder Berlin haben in Wien noch einige Luxuslabels Platz.“ Diese würden keineswegs nur betuchte Touristen aus Osteuropa anziehen: „Bei Louis Vuitton sind 50 Prozent der Kunden Österreicher.“ Und für das urbane Feeling soll die neue Fußgängerzone sorgen, die Signa gleich mitfinanziert hat.

Öde Straßen

Hauptproblem sei auch weniger die City, sondern zunehmend verödende Geschäftsstraßen stadtauswärts, betont Gabriela Spiegelfeld vom gleichnamigen Immo-Unternehmen. „Hier muss man dringend etwas tun. Bis in die 60er-Jahre gab es noch Strafen für Hauseigentümer, die Erdgeschoß-Lokale nicht vermietet haben.“ Dies wäre für die Gegenwart zwar keine Lösung mehr, stattdessen müsste man mit Förderungen gegensteuern.

Noch weiter stadtauswärts, nämlich im Speckgürtel am Stadtrand, liege die wichtigste urbane Problemzone, glaubt ZiB-Moderator Tarek Leitner. In seinem Buch „Mut zur Schönheit“ macht er sich gegen die Verschandelung durch Bausünden stark. Gerade für den Speckgürtel brauche es „rechtliche Rahmenbedingungen, die die Entstehung monokultureller Flächen verhindern und Kleinteiligkeit fördern.“

Den Mut zur Schönheit vermisst Leitner auch bei so manchen Wiener Hochhaus-Projekten. Beispiel Donauplatte: „Hier wurde keine Urbanität geschaffen. Man fährt in die Tiefgarage und geht dann 20 Minuten durch Betonschluchten. Dort will nicht einmal ein Würstelstand aufsperren.“

Urbanes Leben finde in den Erdgeschoß-Zonen statt, betont Stadlhuber. „Leider hat man sie bisher schlichtweg vernachlässigt.“

Ohne Autos planen

Leitner kennt einen der Gründe: „Der sinnlose Zwang, bei den Dachgeschoß-Ausbauten Auto-Stellplätze errichten zu müssen. Das ist so anachronistisch wie seinerzeit die Atomschutzbunker. So schafft man nur tote Fassaden.“ Doch leider stehe der Autoverkehr immer noch im Fokus der stätischen Planung. „Dabei verliert das Auto bei jungen Menschen immer mehr an Bedeutung.“

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