Zweiter Mordalarm in nur vier Tagen: Der KURIER sprach mit Zeugen
Ein lautstarker Streit auf offener Straße war es, der die Aufmerksamkeit der 14-jährigen Angelina W. am späten Dienstagabend weckte. Als die Schülerin aus dem Fenster schaute, sah sie, wie an der Ecke Reinprechtsdorfer Straße/Fendigasse gerade drei Männer aufeinander losgingen. „Plötzlich rannte sie zu mir ins Schlafzimmer und sagte aufgebracht, dass sich auf der Straße drei Fremde prügeln“, erzählt ihre Mutter Jennifer am Mittwoch.
Als die beiden zurück am Fenster waren, lag einer der Männer bereits reglos am Boden. Zwei weitere sollen gerade die Flucht ergriffen haben.
Was Mutter und Tochter zu diesem Zeitpunkt noch nicht wussten: Sie waren in Margareten gerade Zeuginnen des wahrscheinlich zweiten Mordes innerhalb von nur vier Tagen im neuen Jahr in der Bundeshauptstadt geworden.
Momente nach dieser Beobachtung, laut Polizei um exakt 22.38 Uhr, sprang eine zufällig vorbeikommende Autofahrerin aus ihrem Pkw. Sie hatte den am Boden liegenden Mann, der teilweise am Zebrastreifen lag, gesehen. Die Frau alarmierte die Einsatzkräfte und leistete Erste Hilfe. Weitere Passanten eilten ebenfalls herbei und versuchten zu helfen.
Tödliche Stiche
Doch jede Hilfe kam zu spät. Die kurz danach eintreffenden Polizisten konnten nur noch feststellen, dass dem jungen Mann offenbar zweimal in die Brust gestochen worden war. Der Mann starb noch vor Ort.
Das Opfer dürfte nach der Attacke noch einige Meter in Richtung Fahrbahn getaumelt sein, ehe es direkt vor einem Kebabstand in der Reinprechtsdorfer Straße 9 zu Boden ging.
Einer, der die Situation aus seiner Wohnung unmittelbar mitverfolgen konnte, ist Haustechniker Chris O.: „Ich habe Schreie gehört. Als ich zum Fenster gekommen bin, lag der Mann schon am Gehsteig. Die anderen beiden gingen noch kurz im Kreis, einer schlug die Hände über dem Kopf zusammen. Er wirkte ernsthaft verzweifelt.“
Der 27-Jährige bestätigt, dass die Männer – bei zumindest einem von ihnen dürfte es sich um den Angreifer handeln – davonrannten. Sie sollen dunkel gekleidet gewesen sein und Kapuzen getragen haben. Ein weiterer Zeuge spricht von einem Verdächtigen mit Haube und Bart.
Im Zuge der ersten Ermittlungen meldeten sich bei der Polizei Passanten, die den Streit ebenfalls gehört hatten. Auch sie gaben an, eine Person beobachtet zu haben, die fluchtartig den Ort verlassen hatte.
Zu einer zweiten Person, die vom Tatort flüchtete, äußerten sich die Ermittler zunächst nicht. Es ist daher nicht auszuschließen, dass es sich bei dem beschriebenen zweiten Mann um einen Bekannten des Opfers oder einen Passanten handelt, der die Verfolgung aufnahm.
Drogen mögliches Motiv
Lokalbetreiber rund um den Tatort haben zwar nichts gesehen, glauben aber, es könnte sich um einen Streit um Drogen gehandelt haben. „In der Reinprechtsdorfer Straße wird schon immer gedealt. Derzeit wieder extrem viel“, weiß der Besitzer eines Imbisslokals. Dabei zeigt der Mann, der anonym bleiben möchte, zu einer Baustelle in Sichtweite des Tatorts. „Dort stehen jeden Tag die Dealer.“
Die Obduktion des Opfers war für Mittwoch geplant. Die Suche nach dem mutmaßlichen Täter läuft weiter auf Hochtouren. Es ist das bereits zweite Tötungsdelikt in Wien in diesem noch jungen Jahr. In der Silvesternacht war der 74-jährige Heinrich Burggasser erschlagen in seinem Haus in der Donaustadt aufgefunden worden.
Der ehemalige Präsident der Apothekerkammer war kurz nach Mitternacht von einer Feier mit einem befreundeten Paar heimgegangen. Als er sich am nächsten Tag nicht meldete, schauten seine Freunde nach ihm und fanden den Toten.
Die Obduktion ergab, dass er wohl erschlagen wurde. Obwohl die Polizei seit Silvester Spuren am Tatort sichert und intensiv nach Hinweisen sucht, dürften die Ermittler im Dunklen tappen – zumindest hält man sich mit Informationen an die Öffentlichkeit bisher zurück.
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