Psychiater Haller über Brandstifter: „Schrei nach Aufmerksamkeit“

Der Gemeindebau Rennbahnweg 27 umfasst 2.422 Wohnungen. Darin wohnen 8.000 Menschen. Sie leben seit vergangenem Mittwoch in Angst, denn seitdem wurden mehrere Brände gelegt.
Nach dem fünften Brand binnen einer Woche in der Donaustadt ist der Brandstifter weiter unbekannt. Psychiater Reinhard Haller sprach im KURIER über den Fall

Wieder rissen Flammen die Bewohner des Gemeindebaus am Rennbahnweg in der Nacht auf Dienstag aus dem Schlaf. Diesmal breitete sich der Brand aber nicht – wie schon viermal zuvor – in den Kellern aus. Das Feuer beschränkte sich auf einen Müllraum. Die Polizei will deshalb auch nicht von einer neuerlichen Brandstiftung sprechen.

Etwas anders sieht dies der renommierte Psychiater Reinhard Haller. Er blickt seit 40 Jahren in die Seelen der größten österreichischen Verbrecher. Im KURIER-Gespräch analysiert er, was Feuerteufel antreibt.

KURIER: Wie schätzen Sie den aktuellen Fall ein? Bewohner verdächtigen Jugendliche.

Reinhard Haller: Brandstifter lassen sich grob unterteilen. Jene mit kriminologischem Hintergrund und jene mit psychischer Störung. Der Großteil fällt in die erste Kategorie, es geht um Versicherungsbetrug oder Rache. Außerdem gibt es Bubenstreiche, das sind aber selten Serientäter.

Also keine Jugendbande?

Ich stelle keine Ferndiagnosen, aber die Erfahrung zeigt: Hinter Serien stecken oft pyromanisch veranlagte Menschen (pathologische Brandstifter, die die Tat befriedigt, Anm.). Es handelt sich primär um Einzeltäter.

Gibt es denn den typischen Pyromanen?

Er ist mehrheitlich männlich und ein Mensch in emotionaler Not. Das Feuer ist – wenn auch unbewusst – ein Symbol für Aggressivität, Leidenschaft, emotionale Wärme und sogar Liebe. Gleichzeitig sind die Flammen ein Schrei nach Aufmerksamkeit und eine Form des Protests. Viele Täter zeichnen sich durch eine unreife Persönlichkeit aus. Dazu gesellt sich Einsamkeit sowie häufig Substanzeinfluss, der zusätzlich enthemmt.

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