Es ist laut. Es ist bunt. Überall blinken Lichter. Es riecht nach Essen und Maschinen. Am ersten Wochenende der Osterferien lockt der Wiener Prater zahlreiche Besucher zu einem Abstecher – trotz der Wolken und des Windes.
So auch eine Schulklasse eines Gymnasiums im 8. Bezirk. Die 14-Jährigen laufen – sichtlich aufgeregt – von einer Attraktion zur nächsten. Das machen sie jedes Jahr zu Ostern, erzählen sie. Während ein Teil der Gruppe im „Break Dance“, einem Fahrzeug, das einen um die eigene Achse schleudert, sitzt, jubelt der Rest vom Geländer aus zu.
Folgenschwerer Unfall
Auf den ersten Blick scheint die Stimmung so ausgelassen wie sonst auch so kurz nach der Saisoneröffnung. Auf den zweiten Blick zeigt sich aber, dass der Tod einer Mitarbeiterin des „Olympia Looping“ aufs Gemüt schlägt.
Wie berichtet, ist es Ende März im Prater zu einem folgenschweren Unfall gekommen. Eine Mitarbeiterin betrat den abgesperrten Bereich der Achterbahn und wurde dabei von einem Zug erfasst. Noch an der Unfallstelle erlag sie ihren Verletzungen.
Zwölf Tage nach dem Unfall ist die Achterbahn mit den fünf bunten Loopings nun wieder in Betrieb. „Die ersten Tage, das sage ich ganz ehrlich, waren nicht sehr schön“, sagt eine Mitarbeiterin, die auch am Unfalltag Dienst hatte. Seit Mittwoch sitzt sie wieder an der Kassa.
Acht Jahre arbeite sie hier schon. Die Menschen im Prater seien ihre zweite Familie. „Ich habe jetzt öfter Angst um den Mitarbeiter, der draußen steht. Das weiß er auch, deswegen spaziert er immer wieder an mir vorbei, um sich zu zeigen.“ Sie werde lernen, mit dem Unfall umzugehen, sagt sie. Vergessen werde sie ihn nie.
Schleppende Eröffnung
Der Unfall kam zur Unzeit für den Prater. Zwei Tage vor dem offiziellen Saisonstart, an dem normalerweise die neuen Fahrgestelle präsentiert werden.
Bereits bei der Eröffnung des Schweizerhauses waren statt der üblichen Polit-Elite nur die echten Freunde und Stammgäste des Biergartens anwesend. Den Promis dürften die anhaltende Pandemie und der Krieg in der Ukraine auf den Magen geschlagen haben. Und dann kam noch der Unfall dazu.
Die Verantwortlichen des Praterverbandes hatten diesen Frühling also noch mehr zu tun als sonst. Zu dem Unfall äußern wollten sie sich aber nicht mehr. Nur so viel: Die Sache habe man mit einem Gottesdienst und mehreren Besprechungen aufgearbeitet. Nun kehre man langsam zurück zum Alltag.
Wie im Straßenverkehr
Beim KURIER-Lokalaugenschein zeigt sich ein diverses Bild: Der Unfall steht zwar nicht im Vordergrund, präsent bei den Prater-Besuchern ist er aber schon.
Etwas unschlüssig zeigen sich etwa drei Männer, die für einen Tagesausflug in den Prater eigens aus Klagenfurt angereist sind, beim Anblick des Fallturms: Das ist ein 85 Meter hohes sogenanntes Fahrgeschäft, das seinen Gästen vortäuscht, im freien Fall zu sein. Dass im Prater vor kurzem jemand von einem Fahrgeschäft erfasst und getötet wurde, wissen die Männer. Aber: „Man liest jeden Tag von Toten im Straßenverkehr. Das Auto schafft man trotzdem nicht ab“, sagt einer von ihnen. Einen Besuch im Prater wolle man sich deshalb aber nicht nehmen lassen.
Auf Kunden mit einer Einstellung wie jener der Männer aus Klagenfurt hofft man nun im Praterverband. Man möchte in eine erfolgreiche Saison starten – immerhin gebe es auch einiges an neuen Attraktionen.
Die gläserne „Plattform 9“ auf dem Riesenrad etwa. Oder die Rennbahn „Monza Gokart“, bei der eine „Augmented-Reality“-Brille dafür sorgt, dass die Wirklichkeit um einige virtuelle Elemente angereichert wird. Auch ein Escape Room soll noch in dieser Saison entstehen.
Und dann ist da eben noch besagter „Olympia Looping“: „Zuerst habe ich gedacht, dass es mir die Gedärme zusammendrückt“, erzählt ein junger Mann namens Christoph, der gerade aus der Achterbahn steigt. „Aber es hat überraschend viel Spaß gemacht.“
Das Laute. Das Bunte. Die Lichter. Der Geruch von Essen und Maschinen. Das zieht die Menschen eben auch weiterhin an. Es heißt schließlich nicht umsonst Vergnügungspark.
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