Leistbares Wohnen in der Stadt durch geförderten Wohnbau
Über 60 Prozent der Wiener leben in geförderten Wohnungen. Das bedeutet, die Stadt Wien hat für die Errichtung oder Sanierung der Wohnhausanlagen Förderungen an die Bauträger vergeben – oder selbst als solcher fungiert. Diese Zahl soll sich auch in Zukunft nicht verringern: Denn die Stadt Wien will, dass genügend leistbarer Wohnraum für alle Bevölkerungsgruppen vorhanden ist, erklärt Nicole Büchl vom wohnfonds_wien.
Die Stadt Wien vergibt die Förderung, der wohnfonds_wien ist für die Qualitätssicherung zuständig. Jeder Wohnbau, für den in den vergangenen Jahren eine Förderung ausgeschüttet wurde, richtet sich nach den Anforderungen eines Vier-Säulen-Modells.
Qualitätsanspruch
„Öffentlich geförderter Wohnbau hat den zeitgenössischen Qualitäten in den Bereichen Ökonomie, soziale Nachhaltigkeit, Architektur und Ökologie zu entsprechen. Die jüngste Säule ist die der sozialen Nachhaltigkeit“, sagt Büchl. Sie kam 2009 unter Michael Ludwig – zu dieser Zeit Wohnbaustadtrat und heute Wiener Bürgermeister (SPÖ) – dazu. Davor war es ein Drei-Säulen-Modell. Es wurde vom damaligen Wohnbaustadtrat Werner Faymann (SPÖ) eingeführt.
Da die Grundanforderung für den geförderten Wohnbau die Leistbarkeit für die Bewohner ist, haben Einstiegskosten, laufende Kosten und die Gestaltung der Miet- und Kaufverträge in der Beurteilung der Ökonomie Priorität. Das Modell verlangt von den Bauträgern eine Aufstellung aller geschätzter Kosten. Die Mittel sollen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit entsprechen.
Die Säule der sozialen Nachhaltigkeit legt fest, dass die Nutzung alltagstauglich ist und durch geeignete Planung soziale Durchmischung erreicht wird. Außerdem soll Wohnen in Gemeinschaft gefördert und wechselnden Bedürfnissen angepasst werden.
Lebenskonzepte
In der Bevölkerungsstruktur gibt es ständig Veränderung – zum Beispiel schwankt die Zahl der Singles oder die Altersstruktur – und damit entstehen neue Lebenskonzepte. Darauf muss der Wohnbau reagieren. Dazu Expertin Büchl: „Wir versuchen die Projekte den Bedürfnissen anzupassen, zum Beispiel mit Generationenwohnen, also dem Zusammenleben von Jung und Alt. Es gibt in Wohnhausanlagen dann betreutes Wohnen und Wohnungen für Familien.“ Einige solcher Projekte seien bereits umgesetzt worden.
Kürzlich wurde ein Bauträgerwettbewerb in der Wolfganggasse in Meidling abgeschlossen, der sich dem Thema „Wohnformen für Alleinerziehende“ widmete. „Es gibt immer mehr Alleinerzieherinnen und Alleinerzieher. Die meisten von ihnen wünschen sich, dass sie nicht im Wohnbereich schlafen müssen, sondern dass es neben dem Kinderzimmer noch ein Zimmer für sie gibt. Außerdem soll ein sozial unterstützendes Wohnumfeld geschaffen werden“, erläutert Büchl.
Die Architektur, als weitere Säule, soll nicht nur den Bedürfnissen der Bewohner entsprechen, sondern auch die Umgebung planerisch einbeziehen. „In vielen Fällen werden nicht nur Wohnungen gefördert, sondern es entstehen ganze Quartiere. Wenn es dann zum Beispiel in der Umgebung zu wenige Nahversorger gibt, müssen Flächen dafür eingeplant werden“, erklärt Büchl. Genauso sei es mit Kinderbetreuungsstätten.
„Wenn mehrere Gebäude zusammenspielen, ist es effizienter, wenn sich die Bauträger absprechen und gemeinsam Konzepte erarbeiten. Nicht jedes einzelne Objekt muss einen eigenen Co-Working-Space oder einen Spielraum für Kinder haben.“
Weiterentwicklung
Die vierte Säule ist die Ökologie. Energetische Standards sollen durch den Einsatz von erneubarer Energie verbessert werden. Gleichzeitig soll klima- und ressourcenschonend gebaut werden. Die Gebäude sollen dazu beitragen, die Gesundheit der Bewohner zu verbessern, und auch umweltbewusste Lebensstile fördern. „Zum Beispiel durch sanfte Mobilität, das bedeutet, dass Alternativen zur klassischen Mobilität vorhanden sind“, sagt die Expertin. Das würden zum Beispiel ausreichend Fahrradabstellplätze, Car-Sharing oder Verleihstationen für Lastenräder sein.
Unter den Aspekt Ökologie fällt auch die Gestaltung von Außen- und Freiräumen – Freizeit zu Hause und Nachbarschaftskontakte sollen durch geförderten Wohnbau attraktiver werden.
Ob das Vier-Säulen-Modell in der Konzipierung ausreichend berücksichtigt ist und schlussendlich eine Förderung an den Bauträger ausgegeben wird, entscheidet eine Fachjury.
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