Es gibt seit vielen Jahren Fußgängerzonen und Wohnstraßen. Wichtig ist mir bei allen Überlegungen , die Bevölkerung und die Bezirke einzubinden. Die jetzigen Maßnahmen waren ein starker Wunsch der zuständigen Verkehrsstadträtin (Vizebürgermeisterin Birgit Hebein, Anm.), daher haben wir dem entsprochen. Viel wichtiger war mir aber, dass alle Grünflächen geöffnet werden.
Auch bei der Ausweitung der Corona-Tests, die der Bund angekündigt hat, haben Sie gebremst. Können Sie erklären, warum ausgerechnet Wien und der Bund so oft unterschiedlicher Meinung sind?
Wir waren gar nicht anderer Meinung. Wir haben nur darauf aufmerksam gemacht, dass die Bundesregierung, wenn sie „testen, testen, testen“ fordert und das zur Chefsache erklärt, auch sicherstellen muss, dass es genug Testmaterial gibt. Wir haben bemerkt – und zwar auch in anderen Bundesländern –, dass die notwendigen Testkits und Reagenzien in einem sehr geringen Ausmaß vorhanden waren.
Krisenmanagement und Organisation der Regierung sind nicht optimal. Verstehe ich Sie da richtig?
Wenn man Erwartungshaltungen in der Bevölkerung weckt, muss man sie auch einlösen. Und dafür ist es nötig, dass die notwendigen Materialien auch bereitgestellt werden.
Warum richten Sie einander derartiges über Medien aus?
Die Bundesregierung dominiert die Medien, durchgeschaltet in Fernsehsendungen und Zeitungen. Wir waren zurückhaltend im Austausch von unterschiedlichen Sichtweisen. Umgekehrt haben wir in den Ländern oft über die Medien von wichtigen Entscheidungen des Bundes erfahren – und mussten innerhalb kurzer Zeit reagieren. Die Umsetzung lag schließlich in weiten Bereichen bei den Ländern und Kommunen. Wir haben in Wien richtige politische Entscheidungen getroffen. Wir haben etwa schnell Zugangsbeschränkungen bei Pensionistenwohnhäusern und Pflegeeinrichtungen eingerichtet.
Verstehen Sie, dass immer mehr Ältere und ihre Angehörigen Kritik an der strengen Isolation in Pflegeheimen üben? Dafür habe ich Verständnis. Es ist emotional schwierig, von Familie und Freunden getrennt zu sein. Wir haben aber in anderen Ländern gesehen, wie furchtbar das Virus wütet, sobald es die Möglichkeit hat, ältere Menschen zu betreffen. Da ist auch die Medizin hilflos. Daher müssen wir auf diese Menschen weiter achten.
Die SPÖ-Feiern zum 1. Mai wurden ins Fernsehen verlegt, am Donauinselfest im September halten Sie aber fest. Glauben Sie wirklich, dass das Fest durchführbar ist?
Der 1. Mai ist die größte politische Kundgebung in Österreich. Sie hat einen hohen politischen und emotionalen Wert weit über die Sozialdemokratie hinaus – wir werden dieses Mal unsere Forderungspunkte auf anderem Wege transportieren. Für das Donauinselfest gibt es Vorkehrungen, die es möglich machen, frühzeitig zu entscheiden. Wenn es nötig sein sollte, setzen wir die richtigen Schritte.
Parteichefin Pamela Rendi-Wagner hat vor der Krise die Vertrauensfrage gestellt. Wäre es nicht an der Zeit, das Ergebnis zu veröffentlichen?
Sie will es zuerst dem Parteivorstand vortragen, sobald Sitzungen möglich sind. Ich gehe davon aus, dass sie sodann auch die Öffentlichkeit informiert.
Kennen Sie das Ergebnis?
Nein. Ich gehe davon aus, dass – wenn ich es nicht weiß – es auch sonst niemand in der SPÖ weiß.
Um die SPÖ ist es still geworden. Ist Rendi-Wagner noch die Richtige an der Spitze?
Das betrifft die Opposition insgesamt. Ich kann mich nicht erinnern, dass es in den vergangenen Jahrzehnten jemals so viel Platz für die Regierung in Medien und Öffentlichkeit gab wie jetzt. Ich bin sicher, dass es bald wieder stärker die Möglichkeit geben wird, politische Inhalte zu diskutieren und kritische Anmerkungen zu machen.
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