Wiener Riesling: „Der Fred Astaire unter den Weinen“

Gerhard Lobner und Paul Kiefer von Mayer am Pfarrplatz.
Obwohl die Hauptstadt für Gemischten Satz bekannt ist, begeistert ein Weingut die Fachwelt mit Riesling

Wer Riesling hört, denkt als Fan österreichischer Weine zuerst an die Wachau, ans Kamp- oder Kremstal. Dass auch Wien beim „König der Weißweine“ absolute Aushängeschilder hervorbringt, mag so manchen Konsumenten zwar noch erstaunen. In der Fachwelt hat sich das aber schon herumgesprochen. So stach etwa der mit 95 Falstaff-Punkten bedachte „Riesling Nussberg Weißer Marmor 2017“ (40€ Ab Hof) von Mayer am Pfarrplatz bei einer Verkostung des Weinmagazins Vinaria jüngst sämtliche Wachauer, Kamp-, Krems- und Traisentaler Kandidaten aus. Und auch der Riesling „Ried Preussen Erste Lage 2017“ (29€) aus demselben Haus kann mit 94 Falstaff- und 95 A-la-Carte-Punkten mehr als nur Achtungserfolge vorweisen.

Das ist kein Zufall. Denn bei Mayer am Pfarrplatz konzentriert man sich neben dem Gemischten Satz ganz bewusst auf den Riesling – er macht 28 Prozent des betriebsintern ausgesetzten Weins aus. Von allen Wiener Riesling-Flächen werden 25 Prozent vom Döblinger Weingut bewirtschaftet. Zu dessen absoluten Top-Lagen gehören die als „Erste Lagen“ klassifizierten Rieden Preussen und Langteufel am Nussberg.

Wiener Riesling: „Der Fred Astaire unter den Weinen“

Riesling ist meine Leidenschaft“, erklärt Winzer Gerhard Lobner. Und das nicht erst seit Kurzem. Bereits 1996 kaufte sich der gebürtige Weinviertler, der von „Mayer am Pfarrplatz“-Eigentümer Hans Schmid als Geschäftsführer bestellt wurde und der in Mannersdorf/March parallel das Familienweingut leitet, mit dem Bausparer nicht sein erstes Auto, sondern einen Riesling-Weingarten.

Einerseits reize ihn die Herausforderung, die die kapriziöse und spät zu lesende Sorte im Weingarten bedeute, andererseits die Eleganz und Opulenz des Weins, sagt er. Vom teilweise hohen Reifepotenzial ganz zu schweigen. „Die betörende blumige Aromatik, die gewisse Würze und das Wechselspiel am Gaumen aus knackiger Säure und ein bissl Restsüße“, machen für den Winzer Riesling zu einem Erlebnis. Und er ist nicht der einzige, der Lobeshymnen auf die Rebsorte anstimmt. Diplomsommelier Walter Kutscher nennt sie gar „den Fred Astaire des Weins, den Gaumen- und Nasentänzer“.

Relikte des Urmeers

Wien bietet für Rieslinge insofern das ideale „Parkett“, sind sich die Experten einig. In Dornbach, am Nussberg, an den steilen Hängen Sieverings und Neustifts, aber zum Beispiel auch am Bisamberg. Die Kombination aus Stadt und Donau schafft hier ein Kleinklima, das bei großer Hitze ebenso mildernd wirkt wie bei Frostgefahr.

„Wir haben die Stadt, die unsere Weingärten wärmt und den Wienerwald, der sie in der Nacht abkühlt“, erklärt Lobner. „So entsteht das Kalt-Warm-Wechselspiel, das sich positiv auf die Ausbildung der Fruchtaromen auswirkt.“

Das spezielle Terroir verleiht dem Wiener Riesling seinen individuellen Charakter: Während die Sorte in anderen Weinbauregionen auf Urgesteinsboden oder Schiefer gedeiht, wächst sie in der Hauptstadt auf Kalk. „Wir schmecken hier die Relikte des Urmeers“, erläutert Kutscher.

Besonders stolz sind Lobner und „Mayer am Pfarrplatz“-Vertriebsleiter Paul Kiefer in diesem Zusammenhang auf die Hernalser Riede Alsegg, die Weingärten Obere Schoß und Langteufel am Nussberg (wo der eingangs erwähnte „Weiße Marmor“ kultiviert wird) sowie auf die Ried Preussen. Ob der Bezeichnung komme deren Wein bei deutschen Kunden zwar besonders gut an, sagt Lobner. Namensgebend war aber der königliche Rat Heinrich Preussel. Für diese „Erste Lage“ spreche „ihre Südexposition, der hohe Muschelkalkgehalt des Bodens und die Kesselform, die ganztags Sonne gewährleistet“, erläutert der Hausherr.

Preisunterschied

Im Handel hat sich der Wiener Riesling bereits Anerkennung erkämpft. Wobei von Mayer am Pfarrplatz „außergewöhnlich gute“ Sortenvertreter kämen, wie Benjamin Mayr, Sortimentsentwickler bei Getränkegroßhändler „Del Fabro & Kolarik“, betont. Weine, wie „Weißer Marmor“ oder „Ried Preussen Erste Lage“ seien „eine Chance für Gastronomen, den Gast positiv zu überraschen“, meint er. „Wirte können auf Wiener Riesling setzen.“

In dieselbe Kerbe schlägt Andreas Böhm, Geschäftsführer des Restaurants im Palmenhaus. So greife der Gast gern zum Wiener Top-Riesling – wegen der Qualität, aber auch ob des Preisunterschieds zu Weinen aus renommierten Rieslinggegenden wie der Wachau. Wobei der Wiener Wein generell einen hohen Stellenwert in der Gastronomie genieße – bei Lokalpatrioten wie Touristen.

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