Zweikampf um Wiens Bim-Zukunft

Neue Straßenbahnen braucht die Stadt. Kolportierte Auftragssumme: Jenseits von 350 Millionen Euro.
120 bis 150 neue Straßenbahnen braucht Wien, Bombardier und Siemens rittern um den Auftrag.

Nirgendwo kann man so barrierefrei in die Straßenbahn steigen wie in Wien. Seit 1998 der erste ULF (Ultra Low Floor) in Betrieb ging, prägen die Siemens-Straßenbahnen das Stadtbild.

Doch nun könnte eine neue Bim dem ULF den Rang ablaufen. Denn derzeit läuft ein neues Bestellverfahren für 120 bis 150 neue Straßenbahnen. Die einzigen verbliebenen Bewerber kommen aus Wien. Siemens mit dem ULF und Bombardier mit der Flexity-Straßenbahn. Kolportierte Auftragssumme: Jenseits von 350 Millionen Euro.

Dass es überhaupt so weit kam, ist wohl einem Kontrollamtsbericht zu verdanken. 2012 kritisierten die Prüfer der Stadt die Mängel des ULF scharf. Zeitweise standen 25 Prozent der Züge in der Werkstatt und waren nicht einsatzbereit. Zum Teil mussten die Wiener Linien die ULFs teuer beim Hersteller warten lassen. Also wurde die Option für eine dritte Tranche von ULFs nicht gezogen und neu ausgeschrieben.

Zuverlässigkeit

Durch die Neuausschreibung erhofft man sich günstigere Konditionen als bisher. "Unsere Hauptanforderungen sind Zuverlässigkeit, ein guter Preis sowohl für die Anschaffung als auch für den Betrieb und ein modernes Ambiente", erklärt Wiener-Linien-Sprecher Dominik Gries. Auch die Kritik des Kontrollamtes hat bei den Wiener Linien zum Umdenken geführt.

Gefordert wird nun ein spezieller Wartungsvertrag. Die Wiener Linien zahlen dabei eine kilometerabhängige Pauschale für die Wartung. Je zuverlässiger die Straßenbahn fährt, desto günstiger ist das für den Hersteller, umgekehrt büßt er für Ausfälle. "Es ist international ein Trend, dass man den Hersteller mit ins Boot holt", erklärt Gries die Idee. "Das kostet zwar etwas mehr, wir tauschen aber Berechenbarkeit gegen den einen oder anderen Euro", sagt Gries.

Genau darin schöpft Bombardier Hoffnung, kann man mit der Flexity-Bim doch auf eine Verfügbarkeit jenseits der 95-Prozent-Marke verweisen. Entgegen kommt Bombardier, dass die neue Straßenbahn nur Niederflur-Standard haben muss, also von der Schiene bis zur Einstiegskante maximal 24 Zentimeter hoch sein darf.

Die Hersteller halten sich in dieser wichtigen Phase bedeckt. Details zu den Entwürfen werden nicht verraten:

"Wir haben unser Flexity-Fahrzeug optimal an die Anforderungen der Wiener Linien angepasst und gehen mit einem international erfolgreichen und bewährten Konzept ins Rennen", sagt Karin Schwarz, Pressesprecherin von Bombardier. Insgesamt habe man knapp 1100 Flexity-Modelle in der ganzen Welt verkauft, zuletzt nach Marseille. Der ULF fahre exklusiv nur in Wien.

Siemens entwickelt dennoch keine neue Bim für Wien. "Wir gehen mit dem System ULF in die Ausschreibung, mit all den bekannten und bewährten Vorteilen", sagt Siemens-Sprecher Walter Sattelberger. Vor allem mit der weltweit niedrigsten Einstiegshöhe von weniger als 20 Zentimeter will Siemens punkten. Die Kinderkrankheiten will man ausgemerzt haben. "Natürlich haben wir unser System weiter verbessert und auf den neuesten technischen Stand gebracht", sagt Sattelberger.

Die Erstangebote sollen noch vor dem Sommer bei den Wiener Linien sein. Spätestens im Herbst dürfte der Zuschlag erfolgen. 2018 soll dann die erste neue Straßenbahn in Wien unterwegs sein und somit sukzessive die letzten alten Straßenbahnen ersetzen.

Zweikampf um Wiens Bim-Zukunft

Nicht nur die Straßenbahnen, auch einige Busse der Wiener Linien fahren mittlerweile elektrisch. Zwölf Busse haben die Verkehrsbetriebe auf den Linien 2A (Schwarzenbergplatz bis Schwedenplatz) und 3A (Schottenring bis Stubentor) im Einsatz. Die 204 PS starken Busse haben eine Reichweite von 150 Kilometern, mittlerweile haben sie schon mehr als 200.000 Kilometer zurückgelegt.

„Das Innovative am Wiener System ist die Schnellladung von wenigen Minuten an den Endstationen, wo die Busse ohnehin eine Pause machen“, erklärt Wiener-Linien-Sprecher Dominik Gries. Dabei wird über einen normalen Stromabnehmer, wie er auch bei den Straßenbahnen zum Einsatz kommt, die Batterie „nachgetankt“. Dadurch bleibt der Akku immer relativ stark geladen, ein Faktum, das sich positiv auf die Lebensdauer auswirkt.

Die Ladestationen werden wie bei der Straßenbahn mit 600 Volt Gleichstrom betrieben. Da die Endstationen gleich in der Nähe von Bim-Oberleitungen sind, war die Einrichtung besonders einfach und kostensparend.

Die Anschaffungskosten der Elektrobusse sind zwar deutlich höher als bei einem normalen Bus, allerdings sind die Busse weniger wartungsintensiv, da sie keinen Verbrennungsmotor und kein klassisches Getriebe haben.

„Es hat uns selbst im Betrieb deutlich überrascht, wie gering der Wartungsaufwand und Verschleiß sind“, sagt Gries. Darüber hinaus würden die Busse jährlich 300 Tonnen einsparen. Das System hat auch in anderen Ländern Aufmerksamkeit erregt: „Zu Testzwecken sind unsere Busse immer wieder in anderen Städten – wie Brno, Bremen oder Krakau – im Einsatz“, erklärt Gries.

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