Wiener Heumarkt: Experten fordern klaren Alternativ-Plan

Der Hotel- und Kongresskomplex links könnte bis zu 55 Meter hoch werden.
Fachleute erhöhen mit Deklaration den Druck auf die Stadt Wien. Sie warnen vor einem 55 Meter hohen Bau auf dem Areal.

Das Zeitfenster für die Neuauflage des umstrittenen Heumarkt-Projekts wird immer enger: Zeichne sich bis Herbst 2020 keine konkrete Alternative zu seinem 66-Meter-Hochhaus ab, werde das Projekt wie geplant umgesetzt, ließ Immobilientycoon Michael Tojner wissen, als die Stadt Wien die Überarbeitung der Entwürfe ausrief.

Das war vor fast genau drei Monaten. Das Ergebnis der Neuplanung ist bis dato offen.

Und das kritisieren nun namhafte Fachleute aus den Bereichen Architektur, Denkmalschutz, Stadtplanung und Kunst. Sorge bereitet ihnen allen voran die Bauhöhe.

Zur Erinnerung: Ende Dezember einigten sich die Stadt und Tojner überraschend darauf, dass der „Heumarkt neu“ ohne den umstrittenen Turm auskommen soll.

Dieser ist der Grund, warum die UNESCO das historische Zentrum Wiens im Jahr 2017 auf die Liste des gefährdeten Welterbes setzte. Das Hotel Intercontinental werde wie geplant abgerissen und durch einen Hotel- und Kongresskomplex ersetzt, hieß es.

Allerdings: Das neue Gebäude werde – wenn man auf den Turm verzichten muss – wohl insgesamt höher als ursprünglich vorgesehen, erklärte Landtagspräsident Ernst Woller (SPÖ).

Gretchenfrage

Eine genaue Höhenangabe blieb Woller jedoch schuldig. Kein Wunder – ist die Gebäudehöhe doch die Gretchenfrage in der Causa.

Nun warnen mehr als 40 Experten unter der Federführung von Architekt und TU-Professor Christian Kühn in einer Deklaration davor, dass die Neuplanung auf ein bis zu 55 Meter hohes Hotelgebäude hinauslaufen könnte.

Wiener Heumarkt: Experten fordern klaren Alternativ-Plan

Architekt und TU-Professor Christian Kühn. 

Wie sie darauf kommen? Erstens, weil Woller zuletzt auffällig betonte, dass das Hotel Intercontinental wegen zahlreicher Aufbauten schon jetzt bis in eine Höhe von 48 Metern emporrage.

Die von der UNESCO immer wieder genannte Maximalgrenze von 43 Metern für Bauten auf dem Areal seien vor diesem Hintergrund „lächerlich“.

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Landtagspräsident Ernst Woller (SPÖ). 

Zweitens, weil die Stadt aus Sicht der Experten „in der Öffentlichkeit“ suggeriere, „die UNESCO solle sich mit dem Investor, was die Bauhöhe betrifft, in der Mitte treffen.“ Und das wären eben 55 Meter.

Eine solche Aufstockung wäre im Vergleich zum „bisher forcierten Turm“ allerdings keine geringere Beeinträchtigung der sensiblen Balance der Bauhöhen im Ringstraßenbereich und Stadtzentrum“, heißt es in der Deklaration.

Neustart gefordert

Die Stadt versuche, die UNESCO, die Bundesregierung (sie ist Vertragspartner der UNESCO) und die Öffentlichkeit „hinters Licht zu führen“, kritisieren die Experten weiter.

Und zwar „umso mehr, weil die „konkrete Ausformung“ des Kompromisses zwischen der Stadt und Tojner „bis jetzt im Unklaren bleibt.“ Für die Unterzeichner ist klar: „An einem Neustart des Projekts führt kein Weg vorbei.“

Stadt: 55 Meter möglich

Landtagspräsident Woller räumt im Gespräch mit dem KURIER ein, dass eine Erhöhung des Hotel- und Kongresskomplexes auf 55 Meter im Raum steht. Der Turm hätte neben den Wohnungen und Hotelappartements zusätzlich Teile des Kongresszentrums beherbergt , sagt er. „Das alles muss man nun anderswo am Standort unterbringen.“

Sofern die Variante ohne Turm realisiert werde, könnte daher auch die Terrasse Teil des Kongresszentrums werden. Ursprünglich war geplant, dass sie öffentlich zugänglich sein wird. Das wäre somit passé.

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Sollte Plan B realisiert werden ist fraglich, ob die Terrasse öffentlich zugänglich sein wird. 

Sobald die UNESCO grünes Licht gibt, sollen laut Woller die Details des Kompromisses ausgearbeitet werden: „In diesem Moment muss dann ganz viel passieren, der Investor und seine Architekten müssen dann planen.“

Woller zeigt sich zuversichtlich, dass der alternative Vorschlag die Welterbehüter besänftigt und Wien von der roten Liste genommen wird. All seine bisherigen Gespräche – zuletzt eine Videokonferenz am Freitag – deuteten darauf hin.

Mit einer offiziellen Rückmeldung der UNESCO rechnet Woller im Mai.

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