Wiener FPÖ-Chef Nepp an Corona-Skeptiker: „Ich verstehe den Grant“

Wiener FPÖ-Chef Nepp an Corona-Skeptiker: „Ich verstehe den Grant“
Dominik Nepp fordert „Rückkehr zur Normalität“, ärgert sich über die „oberen 10.000“ – und überlegt, zur nächsten Anti-Corona-Demo zu gehen.

Bei der Wahl verlor die FPÖ ihren Status als stärkste Oppositionspartei in Wien – und kam auf noch nur 7 Prozent der Wählerstimmen. FPÖ-Obmann Dominik Nepp über die neue Koalition, die Rolle als Kleinpartei und Corona.

KURIER: Als FPÖ-Obmann haben Sie offenkundig sehr unter Rot-Grün gelitten. Versuchen wir mal einen positiven Einstieg: Was gefällt Ihnen denn an Rot-Pink?

Dominik Nepp: Im Regierungsprogramm zeigt sich, dass es keine Veränderung zu Rot-Grün gibt. Der Bürgermeister hat mit dem Namen Punschkrapferl-Koalition ins Schwarze getroffen. Wer auf Wikipedia nachliest, sieht, dass Punschkrapferl der Restlverwertung von Altbackenem dienen. Darum geht es auch politisch in dieser Koalition. Die Neos haben ihre Grundsätze mit der Unterzeichnung der Regierungserklärung aufgegeben.

Welche pinken Grundsätze hielten Sie denn für umsetzenswert?

Es geht mir um Transparenz und Kontrolle. Hier ist uns aufgefallen, dass die Akten, die den Gemeinderäten in den Ausschüssen von der Regierung zur Verfügung gestellt werden, noch dünner sind als zuvor. Oft erhält man gar keine Akten, sondern nur Deckblätter.

Wie kann es aus Ihrer Sicht gelingen, für mehr Transparenz zu sorgen?

Wir arbeiten mit Vertretern aller Fraktionen an einer Reform der Untersuchungskommissionen im Gemeinderat. In Wien kann die regierende Mehrheit jede U-Kommission abdrehen. Auf Bundesebene ist das anders. Wir wollen in Wien ein ähnlich starkes Instrument. Die Minderheit soll eine U-Kommission nicht nur einberufen können, sondern dort auch Zeugen laden und Beweismittel ordern können.

Mir fällt ein Regierungsmitglied ein, mit dem Sie einer Meinung sein könnten: der rote Gesundheitsstadtrat Peter Hacker. Er sagt, es brauche keinen Lockdown mehr.

Hacker ist positiv aufgefallen mit dieser Aussage. Sie hatte nur leider eine schlechte Halbwertszeit. Wenig später ist der Bürgermeister ausgerückt, um gemeinsam mit dem Kanzler den Lockdown zu befürworten. Ich verstehe nicht, warum sich Ludwig auf den Merkel-Kurz-Kurs draufhaut und die Wirtschaft nachhaltig schädigen will. Zudem wird von der Politik der Lockdown gepredigt, aber Wein getrunken. Nach der Verkündung des verlängerten Lockdown gab es ein Sit-in beim Kanzler, bei dem Wein und Essen gereicht wurden. Das geht nicht. Wer den Menschen sagt, dass das Todesvirus kommt und sich alle einsperren müssen, kann nicht im Hinterzimmer jausnen.

Ist es aus Ihrer Sicht nötig, sich zu Hause einzusperren?

Ich bin dafür, dass wir mit dem Lockdown aufhören, die Wirtschaft mit Vernunft hochfahren, die Schulen öffnen und zum normalen Leben zurückkehren. Auch die Gastro hat Vorsorge getroffen – mit großen Abständen, Trennwänden – und könnte gefahrlos öffnen.

Ist das angesichts der Infektionszahlen möglich?

Im Gesetz steht, dass ein Lockdown nur die allerletzte Möglichkeit, die Ultima Ratio sein darf, wenn den Spitälern und Intensivstationen die Überfüllung droht. Das Gegenteil ist der Fall. Wir müssen schon Massentestungen machen, damit wir überhaupt noch Infizierte finden.

Am Samstag haben Corona-Skeptiker in Wien demonstriert. Sympathisieren Sie mit dieser Bewegung?

Ich verstehe den Grant der Menschen. Es herrscht ein Unverständnis dafür, dass man in Wien alles zusperrt, während die oberen 10.000 nach Kitzbühel in ihre Villen fahren und dort Skifahren, weil die Lifte offen haben. Da versteht niemand mehr, warum er in seiner 50-Quadratmeter-Wohnung sitzen und Arbeit und Homeschooling unter einen Hut bringen muss. Da kommt es zu seelischem Leid.

Sie selbst waren aber nicht bei der Demo.

Nein. Aber ich überlege, nächstes Mal hinzugehen.

Die ÖVP ist neue stärkste Oppositionspartei und kapert Ihre Themen Zuwanderung und Sicherheit. Was müssen Sie tun, um noch Gehör zu finden?

Ich muss nur warten. Die ÖVP entlarvt sich selbst. Sie kündigt großspurig Dinge an, setzt sie aber nicht um. Nach dem Terroranschlag etwa hat sich gezeigt, dass es Verbindungen zwischen SPÖ und islamistischen Vereinen gibt, die mit öffentlichem Geld gefördert werden. Wir wollten eine U-Kommission. Die ÖVP hat uns nicht unterstützt und hilft, die Dinge zu vertuschen.

Nach den Ausschreitungen in Favoriten wird über Videoüberwachung im öffentlichen Raum diskutiert. Eine gute Idee? Oder freiheitsgefährdend?

Wir brauchen vor allem mehr Polizisten, mindestens 1.500 Beamte zusätzlich wären nötig. Außerdem benötigen wir einen Sicherheitsstadtrat und ein Ordnungsamt, das die Polizei entlastet.

Im Bund gibt es einen Machtkampf zwischen FPÖ-Parteichef Norbert Hofer und Klubchef Herbert Kickl. Auf welcher Seite stehen Sie?

Es gibt keine Seite, es gibt nur die FPÖ. Jeder tut sein Bestes dafür, dass die FPÖ wieder erstarkt. Und wenn es Kritik gibt, dann äußere ich sie intern, nicht via Medien.

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