Wiener Bildungsfestival: Eine ehemalige Brennpunktschule als Vorbild

Wiener Bildungsfestival: Eine ehemalige Brennpunktschule als Vorbild
Chancengleichheit ist das Ziel, das das Bildungssystem erreichen soll. Außerdem bekommt Wien einen neuen Fördertopf.

Eines vorweg: Den Wiener Kindern werden ihre Spielkonsolen nicht weggenommen. Das versprach Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (Neos) am Rande des Bildungsfestivals im Erste Campus.

Bei diesem erstmals in Wien abgehaltenen Festival wurden innovative Bildungskonzepte – zum Teil aus anderen Ländern – vorgestellt. Mit dem Ziel, Ideen für ein besseres Bildungssystem auszutauschen.

Nur die besten Lehrer

Einer der Gäste war Max Haimendorf. Er ist Schulleiter in der Londoner „King Solomon Academy“. Die ehemalige Brennpunktschule hat Haimendorf – als damals noch sehr junger Schulleiter – zu einer der besten des Landes gemacht. Er setzte neue Strukturen um, implementierte ein neues Curriculum und versuchte, nur die besten Absolventen als Lehrer in seine Schule zu holen. Mit Erfolg: „Die Kinder unserer Schule erzielen bessere akademische Leistungen als anderswo“, sagt Haimendorf. Und das ganz ohne Zugangsvoraussetzungen.

Max Haimendorf leitet eine Schule in London. Von einer Brennpunktschule wurde sie zur einer der  besten

Max Haimendorf leitet eine Schule in London. Von einer Brennpunktschule wurde sie zur einer der
besten 

Außerdem ermöglicht die Schule den Kindern schon im frühen Alter, eine Woche lang auf den besten Unis des Landes zu verbringen. Laut Haimendorf soll das den Schülerinnen und Schülern das Selbstvertrauen geben, über eine universitäre Karriere nachzudenken. Selbstverständlich ist das in England nämlich nicht. Nur rund sieben Prozent der Kinder, nämlich die, die von Privatschulen kommen, gehen auch auf die Uni.

Geschafft hat es die „King Solomon Academy“ unter anderem, weil die Schule zum Großteil von lokalen Behörden unabhängig sei und so selbst entscheiden konnte, so Haimendorf.

X-Box-Verbot

„Letztendlich geht es aber auch um Leadership und Erwartungshaltungen.“ Seit 20 Jahren gebe es in England einen Wandel hin in Richtung strikterer Regeln an Schulen. Die Qualität der Lehre hat das laut Haimendorf deutlich erhöht. „In unserer Schule gehen die strikten Regeln aber mit warmen Beziehungen einher.“

Apropos strikte Regeln: Vor fünf Jahren machte die Londoner Schule Schlagzeilen damit, dass sie den Kindern ihre X-Box wegnahm. Laut Haimendorf eine „komplette Ausnahme“. „Das ist ein oder zwei Mal passiert, auf Anfrage der Eltern.“ Eine gängige Methode sei das nicht.

Gesunder Umgang

Für Wien ist das keine Option, sagt Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr. „Ich sehe es nicht als Aufgabe des Staates oder der Schule, den Kindern ihre Spiele wegzunehmen.“ Stattdessen versuche man – mit externen Experten – den Kindern einen gesunden Umgang mit den Spielen und dem Internet beizubringen. „Außerdem ist es so, dass wenn man Kindern etwas wegnimmt und sie unbedingt spielen wollen, sie etwas anderes finden“, sagt Wiederkehr.

Dieser Ansatz der „King Solomon Academy“ wird in Wien also keine Anwendung finden. Inspiration habe man sich vom Vortrag Max Haimendorfs aber dennoch geholt: „Für eine Chancengleichheit müssen Schulen unterschiedlicher Art, vor allem die, die es besonders brauchen, gefördert werden. Auch in Wien“, sagt Wiederkehr. Dass jeder an einer Uni studiert, sei aber nicht das Ziel. Nur die Möglichkeit soll, unabhängig von den Eltern, für jeden gegeben sein.

Neuer Fördertopf

Außerdem wurde im Rahmen des Bildungsfestivals ein neuer Fördertopf präsentiert. Dadurch soll das Schulklima verbessert und die psychische Belastungen von Kindern und Jugendlichen verringert werden.

Unter dem Titel "Mutmillion" soll im nächsten Jahr eine Million für Projekte fließen, "die Schule zum angstfreien Raum machen", kündigte Wiens Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr am Freitag an. Auch nach 2024 soll es eine jährliche "Mutmillion" mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung geben, so ein Sprecher Wiederkehrs zur APA.

Junge Projekte sollen gefördert werden

Gefördert werden damit neue oder junge Projekte gemeinnütziger Vereine und Organisationen, durch die psychische Belastungen im Umfeld der Schule verringert werden und Kinder und Jugendliche gerne in die Schule gehen. Gefragt ist ein Schwerpunkt auf Kinderschutz oder innovativen bzw. wissenschaftlichen Ansätzen. Ein wichtiger Faktor ist auch die Einbeziehung der Schule, vor allem des Lehrpersonals und der Eltern. Pro Projekt soll es zwischen 30.000 und 200.000 Euro geben.

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