Wien will leistbares Wohnen per Bauordnung erzwingen

Wien will leistbares Wohnen per Bauordnung erzwingen
Die Stadtregierung verordnet sozialen Wohnbau bei Neuwidmungen. Private Bauträger sind empört

Gerne rühmt sich die Stadt Wien des vergleichsweise hohen Anteils leistbarer Sozialwohnungen (also Gemeinde- oder geförderte Wohnungen). Nur: In den vergangenen Jahren ist der Anteil des geförderten Wohnbaus an der gesamten Neubauleistung von drei Viertel auf ein Drittel zurückgegangen, rechnet der grüne Planungssprecher Christoph Chorherr vor. Grund seien vor allem die stetig steigenden Grundstückspreise.

Die Stadt will jetzt gegensteuern. Die Bauordnungsnovelle, die am 29. November beschlossen wird, sieht im Rahmen der neuen Widmungskategorie „Geförderter Wohnbau“ eine Regelung mit reichlich Zündstoff vor: Künftig muss auf neu gewidmeten Wohnflächen ab einer Wohnnutzfläche von 5000 m² (entspricht ungefähr 50 Wohnungen) zu zwei Dritteln leistbarer Wohnraum geschaffen werden. Das bedeutet in diesem Fall eine Netto-Miete von fünf Euro pro Quadratmetern. Die oberirdischen Grundstückskosten werden mit 188 Euro pro Quadratmeter limitiert.

Bestehende Widmungen sind nicht betroffen. Sehr wohl aber sogenannte Aufzonungen – also Aufstockungen oder Zubauten bei bestehenden Gebäuden.

„Mit der neuen Widmungskategorie kurbeln wir den leistbaren Wohnbau im ganzen Stadtgebiet an“, ist Wohnbaustadträtin Kathrin Gaal (SPÖ) überzeugt. Laut Chorherr soll damit wieder mindestens die Hälfte der neu errichteten Wohnungen leistbar sein.

Ob das tatsächlich gelingt, darüber scheiden sich die Geister. „Die Maßnahme klingt gut, ist aber reine Kosmetik und Populismus“, sagt Hans Jörg Ulreich vom gleichnamigen Bauträger. Bauprojekte würden deutlich verkompliziert, weshalb die Novelle nur begrenzt zur Schaffung von mehr leistbaren Wohnungen beitragen werde.

Zu wenig Gemeindebauten

„Das Problem wird nicht dadurch gelöst, dass sich die Stadt dauernd bei freifinanzierten Investitionen einmischt“, kritisiert Ulreich. Vielmehr müsse die Stadt sich selbst an der Nase nehmen – sprich: mehr Gemeindewohnungen bauen. „Laut einer AK-Studie gibt es Platz für 130.000 Gemeindewohnungen, allein indem man den Bestand an Gemeindebauten nachverdichtet. Aber die Stadt hat jahrelang nichts unternommen und auch die Zahl der jetzt geplanten neuen Gemeindewohnungen ist lächerlich klein.“ Skeptisch ist auch Anton Holzapfel vom Verband der Immobilienwirtschaft. „Man kann die Deckung des Bedarfs an leistbaren Wohnungen nicht allein über die Bauordnung erreichen. Seit langem fordern wir Kriterien für die soziale Treffsicherheit – etwa Einkommensnachweise für Gemeindebau-Mieter alle fünf oder zehn Jahre.“

Begrüßt wird diese Novelle von jenen, die wohl deren Nutznießer sein werden: „Die Grundstückspreise explodieren. Hier drastisch einzugreifen ist alternativenlos“, sagt Karl Wurm, Obmann des Verbandes gemeinnütziger Bauvereinigungen, zum KURIER. „Denn bei einer so hohen Nachfrage produziert der Markt einfach keine günstigen Grundstücke.“

Massiver Anstieg der Grundstückspreise

Anhand der Bezirke Donaustadt und Liesing zeigt sich der enorme Anstieg der Grundstückspreise in den vergangenen zehn Jahren. Im 22. Bezirk kletterten sie von 309 auf 517 Euro pro Quadratmeter. Dabei handelt es sich um einen Durchschnittswert.  Das Plus beträgt  somit beachtliche 67,31 Prozent. In Liesing stieg der durchschnittliche Preis von 386 auf 570 Euro – ein Zuwachs von 47,72 Prozent. 

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