Wobei blau und dunkelrot rasch ins Hintertreffen geraten angesichts der Wahlkampf-Armada, die die SPÖ ins Rennen geschickt hat. Die roten Flyer-Verteiler rund um Bezirksvorsteherin Stefanie Lamp erhalten mit Kathrin Gaal und Ulli Sima Verstärkung durch gleich zwei Stadträtinnen.
Dann, mit einer halben Stunde Verspätung, taucht ein noch prominenterer Wahlhelfer auf. Stunden zuvor hatte Andreas Babler im Bundeskanzleramt den Medien noch das Arbeitsmarktpaket der Regierung erklärt, jetzt gibt er in Jeans und Freizeitkleidung den legeren Kommunal-Wahlkämpfer, der für die „Steffi“ die Werbetrommel rührt.
Entspannt auf vertrautem Terrain
Was bei manch anderem Politikern ungelenk wirken würde, scheint beim ehemaligen Traiskirchner Bürgermeister und nunmehrigen Vizekanzler durchaus zu funktionieren. Er wirkt wesentlich entspannter als bei seinen offiziellen bundespolitischen Terminen. Was damit zu tun haben könnte, dass Ottakring für Babler gewissermaßen ein Heimspiel ist. Zwischen den Genossen im 16. Bezirk und in Traiskirchen bestehen seit jeher enge Kontakte, der politische Kurs des Parteichefs kommt im rot-grün dominierten, von Migranten, Studenten und Jungfamilien geprägten Bezirk ohnehin gut an. Was man nicht von allen Wiener Bezirken behaupten kann. Geschweige denn von manch anderem Bundesland.
Hier ist Babler jedenfalls unter seinesgleichen. Er begrüßt die Genossen mit Umarmungen und High fives, ehe er selbst zu den zu den Flyern und SPÖ-Sackerln greift, um sie an die Passanten zu verteilen. Etliche bleiben stehen und machen ein Selfie mit dem SPÖ-Chef. „Ich folge Ihnen auf TikTok, es ist so cool was Sie machen“, ist eine Studentin begeistert. Andere schildern Babler ihre Alltagsprobleme.
Nach etlichen Wahlkampf-Touren durch die Bezirke scheint er sich inhaltliche Grundkenntnisse angeeignet zu haben, etwa wenn es um den Wiener Dauerbrenner Verkehrsberuhigung geht: „Die Gumpendorfer Straße wird zur nächsten Reinprechtsdorfer Straße“, verspricht er einem Jugendlichen, der mit ihm über die Umgestaltung der Hauptstraße durch den 6. Bezirk reden will.
"Spürbare Politik"
„Das hier ist spürbare Politik“, erklärt Babler während einer kurzen Pause dem KURIER. Spürbar würden aber auch bald die Schritte der neuen Bundesregierung werden, etwa der Eingriff in die Mietpreise, den der SPÖ-Chef „historisch“ nennt.
Nach einer halben Stunde Smalltalk mit Genossen und Passanten geht es mit dem 46er über die Thaliastraße zum Brunnenmarkt. Es mag am Outfit und am lockeren Auftreten des SPÖ-Chefs liegen, dass unterwegs viele von ihm keine Notiz nehmen, so als ob sie ihn gar nicht erkennen würden.
Das ändert sich dann am Markt selbst. Gerne lassen die Standler sich mit Babler ablichten und reichen ihm Kostproben ihrer orientalischen Spezialitäten wie Fladenbrote und Falafel. „Gibt es das Kent noch?“, beweist der SPÖ-Chef auch kulinarische Ortskenntnisse.
Für Babler ist Wien jedenfalls als Stadt ein Vorbild, wie er unterwegs gegenüber dem KURIER betont. „Sei es bei den Mietpreisen, der Infrastruktur oder der Gesundheitsversorgung.“ Bürgermeister Michael Ludwig stehe ganz in der Tradition all dieser kommunalpolitischen Errungenschaften. „Man denke nur an den Gratis-Eintritt für das Wien Museum.“
Freilich: Vor wenigen Wochen stritten die Bundes- und die Wiener Landespartei noch um die Besetzung des Finanzministeriums. Heute spielt Babler den Konflikt herunter: „Ich habe ein Vorschlag gemacht und der wurde parteiintern angenommen.“ Obendrein sei Ex-Stadtrat Peter Hanke eine Top-Besetzung im Infrastrukturministerium.
Und so soll es im Laufe des Wahlkampfs noch den einen oder anderen gemeinsamen Auftritt mit dem Bürgermeister geben, verspricht Babler. Bei so viel Harmonie sollte dem nichts entgegenstehen.
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