Mehr im Bewusstsein
Der erste liegt auf der Hand. Die wirtschaftliche Lage bereitet vielen Sorge, rückt immer mehr ins Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürger und wird langsam aber sicher ähnlich wichtig wie das Thema Sicherheit. Arbeitslosenzahlen und Pleiten mögen zunächst nicht so plakativ sein wie Messerstechereien in Favoriten– in den Köpfen bleiben sie dennoch langfristig hängen.
Politisch liegt das Feld in Wien aber komplett brach – zumindest, was die Kommunikation nach außen betrifft. „Die Wirtschaftspartei ÖVP hat diesbezüglich ausgelassen“, sagt Politberater Thomas Hofer. In Wien habe man sich in den vergangenen Monaten fast ausschließlich auf das Sicherheitsthema fokussiert, gleichzeitig habe durch die budgetäre Situation im Bund die Reputation der Türkisen gelitten.
Die SPÖ wittert dadurch wohl Morgenluft – etwas, das auch in den Zahlen begründet liegt. Immerhin hat sich laut einer Analyse des Statistikers Erich Neuwirth ein Drittel jener Wählerinnen und Wähler, die bei der Nationalratswahl noch für die ÖVP gestimmt hatten, in Wien für die SPÖ entschieden. Sich für die bürgerliche Wählerschaft weiter attraktiv zu halten, ergibt also durchaus Sinn.
Pink will nicht anecken
Auch in anderen Parteien gab es wenig Aufzeigen bezüglich Wirtschaftskompetenz. Die Neos etwa, die auch Potenzial diesbezüglich hätten, haben alles auf die Bildungskarte gesetzt. „Ein Mitgrund ist sicher, dass es hier zu viele Konfliktpunkte mit der SPÖ gibt“, erklärt Hofer– zum Beispiel in der Frage, ob die Stadt Wien wirklich so viele Unternehmen in ihrem Einflussbereich braucht.
Das Betätigungsfeld ist also gegeben. Die Frage ist nur, ob man die Lücke glaubwürdig füllen kann. „Bei der SPÖ wird es stark von der Frage abhängen, wer Peter Hanke als Finanzstadtrat nachfolgt“, meint Hofer. Denn Hanke, der nun im Bund Infrastrukturminister ist, habe als Mann der Wirtschaft gegolten. Wer in Zukunft das Finanzressort in Wien leitet, müsse entweder ein ähnliches Standing mitbringen oder sich schnellstmöglich als wirtschaftsaffin und vor allem kompetent positionieren, so Hofer.
Konkurrenz schläft nicht
Auch die anderen Parteien werden nicht untätig bleiben. Allen voran die ÖVP, die mit ihrem neuen Parteichef Markus Figl wieder den sachlichen Weg beschreiten will. Dass er Kasia Greco, Vizepräsidentin der Wiener Wirtschaftskammer, als nicht-amtsführende Stadträtin nominiert hat, ist ein eindeutiges Zeichen.
Da Ruck aber nicht nur wegen der Freundschaft, sondern auch aus Standortinteresse, weiter gute Kontakte mit Ludwig und der Stadt pflegen wird, wird diese Personalentscheidung allein noch nicht reichen, um sich als Wirtschaftspartei von der SPÖ abzuheben.
Die FPÖ wird mitmischen wollen und hat auch schon leise aufgezeigt – Parteichef Dominik Nepp hat eine Pressekonferenz für Klein- und Mittelbetriebe gegeben und betont gerne, dass er aus einer Unternehmerfamilie kommt.
Letztendlich wird es in den kommenden fünf Jahren nicht nur von der Kommunikation abhängen, sondern von den tatsächlich gesetzten Maßnahmen. Die SPÖ hat als Regierungspartei dabei einen klaren Startvorteil (ist aber auch im Zugzwang). Die Wirtschaft im Fokus aller ist jedenfalls kein Nachteil.
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