Seit einigen Jahren beklagt Wien, dass mittlerweile die Höhe der Ausgleichszahlungen der tatsächlichen Zahl der Gastpatienten hinterherhinkt. Viele der Patienten würden sich in Wien Behandlungen unterziehen, die auch in ihren Heimatbundesländern angeboten werden – etwa Hüft- oder Graue-Star-Operationen. Laut einem Hacker-Sprecher würde die Stadt deshalb auf jährlich rund 450 Millionen Euro sitzen bleiben.
Wie hoch ist der Anteil von Gastpatienten in den Wiener Spitälern?
Relevant sind in diesem Zusammenhang jene Spitalsträger mit insgesamt 18 Krankenhäusern, die öffentlich über den Wiener Gesundheitsfonds teilfinanziert werden. Dazu gehören allen voran die städtischen Spitäler des Wiener Gesundheitsverbunds (Wigev). Dort betrug 2023 der Anteil an Gastpatienten 17 Prozent. Im Jahr 2017 lag er noch bei 21 Prozent.
Laut Hacker-Büro habe man diese Reduktion erreicht, indem man Gastpatienten organisatorisch dabei unterstütze, nach Möglichkeit in ihrem Heimatbundesland einen Termin für eine Behandlung zu bekommen. Akutfälle seien nicht betroffen, wird betont.
Ähnliche Maßnahmen wünscht man sich seitens der Stadt auch von den sieben Wiener Ordensspitälern, die von der Stadt mitfinanziert werden. Dort liegt der Anteil der Gastpatienten seit Jahren konstant bei rund 25 Prozent. Würde es ihnen gelingen, das Niveau auf jenes der Wigev-Spitäler zu senken, seien die Finanzierungsprobleme gelöst, heißt es im Hacker-Büro.
Ein Sprecher der Wiener Ordensspitäler bestätigt dem KURIER, dass man seitens der Stadt im Zuge der Finanzierungsverhandlungen aufgefordert wurde, für 2025 den Anteil der Gastpatienten um ein Fünftel zu senken. Dem komme man auch nach, indem man mit den Patienten versuche, alternative Angebote zu finden.
Wie reagieren die betroffenen Bundesländer?
Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) hatte wie berichtet bereits am Wochenende Hackers Idee scharf zurückgewiesen. Mit brüsker Ablehnung reagiert auch Niederösterreichs Finanzlandesrat Ludwig Schleritzko (ÖVP): „Mit dem Finanzausgleich wurde klar und eindeutig gesetzlich vereinbart, dass Niederösterreich jährlich rund 500 Millionen Euro nach Wien überweist, um die Gastpatienten abzugelten. Hunderttausende Niederösterreicher pendeln täglich nach Wien, gehen dort ihrer Arbeit nach und zahlen in Wien Steuern und Abgaben. Wenn die Stadt Wien nun meint, aus politischem Kalkül und aufgrund der Herkunft der Patienten unterscheiden zu müssen, wer einen OP-Termin bekommt und wer nicht, dann werden wir das nicht hinnehmen.“
Wäre eine eigene Warteliste für Gastpatienten rechtlich möglich?
Eher nicht. Der Wiener Medizinrechtler Karl Stöger verweist darauf, dass nach den bestehenden Regeln kein Bundesland einseitige Sonderregeln für Gastpatienten erlassen dürfe. Sollte das Wiener Landesgesetz vor dem Verfassungsgerichtshof landen, könnte dieser es aufheben.
Wohl auch deshalb ist man im Büro Hacker bemüht zu betonen, dass es sich beim Vorschlag des Stadtrats lediglich um eine „Vision“ handle, sollte sich das Problem nicht auf andere Weise lösen lassen. Gemeint ist damit wohl: Mehr Geld für Wien.
Wie ließe sich das Problem dauerhaft lösen?
„Das Problem ist, dass man sich sklavisch an den Föderalismus hält. Das ist der Tod des Gesundheitssystems“, sagt Wiens Patientenanwalt Gerhard Jelinek. Er plädiert für eine gemeinsame Planung und Finanzierung der Gesundheitsversorgung in der Ostregion. Darauf pocht man auch seitens der Stadt, die als Vorbild den Verkehrsverbund Ost-Region (VOR) nennt. Allerdings ortet man bei den beiden anderen Bundesländer keine Bereitschaft dazu.
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