Wiens erste philippinische Konditorei: Ein Stück vom lila Kuchen

Rachelle Choi ist Konditorin und hat die philippinische Patisserie "Puro" in Wien eröffnet.
Eltern erkennen die Talente ihrer Kinder bekanntlich als Erste. Bei Rachelle war es der Vater, der den „Unternehmergeist“ seiner Tochter erkannte: Die damals 11-Jährige brachte vom Besuch der Philippinen Souvenirs mit und verkaufte sie gewinnbringend an Lehrer und Mitschüler weiter.
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Heute ist Rachelle Choi 33 Jahre alt, ist doppelt geprüfte Konditormeisterin (auf den Philippinen und in Wien) und betreibt das „Puro“ in der Magdalenenstraße 8, wenige Gehminuten vom Naschmarkt entfernt.

Wodurch sich die landestypischen Kuchen unterschieden: Teig und Creme sind besonders luftig und die Süße subtil
Seit Oktober ist die Backstube auch ein Café und damit Wiens erste philippinische Patisserie. Die Community ist seit Jahren in Wien verwurzelt, sichtbar ist sie bisher kaum. Landestypische Lokale und Feste sind (noch) rar gesät (siehe Infobox unten).
Bunt und raffiniert
Eingeweihte pilgern regelmäßig zu Rachelle und sorgen seit dem ersten Pop-up für lange Schlangen, die landestypischen Kuchenkreationen waren in kürzester Zeit ausverkauft.
„Ich wollte um 13 Uhr öffnen und hatte die Vorhänge noch zugezogen. Als ich nach draußen geschaut habe, bin ich richtig erschrocken und habe gedacht: Heute werden wir demoliert. Die Leute sind bei Regen und Kälte Schlange gestanden“, erzählt Rachelle.
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Innerhalb von zwei Stunden waren alle Kuchen ausverkauft. Die drei großen Kuchen-Klassiker: Nussiges Ube aus der lila Jamswurzel, Leche Flan aus Kondensmilch, die philippinische Version der Crème brûlée, und grünes Pandan, eine tropische Pflanze, deren Geschmack an Vanille erinnert.
Was die Desserts von der westlichen Patisserie unterschiedet: Teig und Creme sind besonders luftig und die Süße viel subtiler – der Farbe zum Trotz. Die ist 100 Prozent natürlich. Zur Auswahl stehen auch Karottenkuchen, Schoko-Berry und Matcha (6 Euro pro Stück). Zwei weitere Sorten sowie Croissants variieren wöchentlich.
"Wir wollen uns selbst einen Namen machen"
Die fünffache Mutter und Unternehmerin entspricht weder dem philippinischen Stereotyp, noch dem Ideal ihrer eigenen Community, wie Rachelle selbst sagt.
- 1970er-Jahre: Gegen den Mangel an Pflegepersonal warb Österreich, aber vor allem die Stadt Wien in den 1970er-Jahren gezielt philippinische Fachkräfte an
- Heute: Laut Statistik Austria leben heute rund 9.000 Personen mit philippinischem Pass in Wien. Die Community ist aber viel größer, einige bereits eingebürgert oder hier in dritter oder vierter Generation geboren.
- Die philippinische Botschaft schätzte die Gemeinschaft 2013 auf 30.000 Personen in ganz Österreich. Aktuelle Zahlen gibt es nicht.
Sie ist die dritte Generation, die in Wien lebt: „In der Stadt fehlt es an asiatischen Desserts. Ich bin die Erste, die das macht, und fülle eine Nische. Ich will zeigen, dass Filipinos nicht nur in der Krankenpflege arbeiten müssen. Du kannst und darfst auch etwas anderes machen.“
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Ihr Ehemann hat inzwischen seinen Job gekündigt und ist Vollzeit bei „Puro“ eingestiegen: „Das Unternehmertum ist in unserer Kultur nicht sehr präsent. Es herrscht die Vorstellung, dass zu einem ordentlichen Leben ein Job als Angestellte gehört. Das wollen wir ändern und zeigen: Wir können uns selbst einen Namen machen“, sagt Rachelle.
Zweites Pop-up geplant
Damit bei der „extrem extrovertierten“ Konditorin bloß keine Langeweile aufkommt, plant sie bereits etwas Neues: ein Pop-up im Sommer auf der Mariahilfer Straße.
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- Filipino Food Festival in Kaisermühlen (1220): Sobald es die Temperaturen zulassen, steigt das Festival an mehreren Wochenenden über den gesamten Sommer
- Nachbarschaftsfest Barrio Fiesta in Liesing (1230): Findet alljährlich im Juli auf dem Sportplatz in Liesing statt
Kosten kann man in den warmen Monaten bei „Puro“ dann auch wieder „Halo-Halo“, was übersetzt „gemischt“ bedeutet. Der Shake besteht aus Ube-Eis, Kondensmilch, Früchten, karamellisierter Kochbanane und Tapioka-Perlen.
Geöffnet ist das „Puro“ von Freitag bis Sonntag von 12 bis 17 Uhr. An den restlichen Wochentagen steht Rachelle in der Backstube, um die vielen Bestellungen bewältigen zu können.
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