Wie ein Dreikampf um die Spitze für Unruhe bei den Neos Wien sorgt

PK NACH GREMIENSITZUNG DER NEOS: WIEDERKEHR / ARAPOVI?  / EMMERLING
Wer ist die Nummer eins der Neos: Bettina Emmerling, Selma Arapovic – oder doch Christoph Wiederkehr? Das Thema birgt Sprengstoff bei der pinken Basis.

Mit politischen Doppelspitzen ist das so eine Sache. Um wirklich mit einer Stimme zu sprechen, benötigt es ein gehöriges Maß an Abstimmung – und spätestens, wenn es Ämter und Positionen zu verteilen gibt, wird es schwierig.

Dennoch scheint das Modell in Mode zu sein. In Wien gibt es gleich drei Parteien, bei denen die Führungsagenden (mitunter unfreiwillig) nicht in einer Hand liegen.

Am brisantesten ist die Lage derzeit bei den Neos, die mitten in den Koalitionsverhandlungen mit der SPÖ stecken. Dass bei den Pinken nicht nur zwei, sondern gleich drei Personen an der Spitze stehen (wollen), macht die Sache noch komplexer.

Wir erinnern uns: Der damalige pinke Bildungsstadtrat, Vizebürgermeister und eigentliche Spitzenkandidat Christoph Wiederkehr wechselte kurz vor der Wahl in den Bund. In Wien blieben überraschend (und überrascht) die bisherige Klubchefin Bettina Emmerling (die in die Stadtregierung aufrückte) und Selma Arapovic (die Klubchefin wurde) mit dem halbfertigen Wahlkampf zurück.

Die beiden versuchten, das Bestmögliche aus dem unfreiwilligen Paarlauf zu machen. Das Mysterium, wer nun wirklich die Spitzenkandidatin sei, konnten sie aber bis zuletzt nicht auflösen. Formal war es wohl Arapovic – medial rückte man im Wahlkampf aber Emmerling ins Zentrum.

Grummeln an der Basis

Genau das führt nun auch zu internem Grummeln. Und zwar bei der Basis – also unter den Mitgliedern, die bei den Neos mehr Einfluss haben als bei anderen Parteien. Seit ihrer Gründung haben sich die Neos Transparenz und Teilhabe auf die Fahnen geheftet: Kandidatenlisten werden in öffentlichen Vorwahlen unter Einbindung der Mitglieder erstellt; Koalitionen müssen in einer Mitgliederversammlung abgesegnet werden. 

Das sorgte erst Anfang des Jahres auf Bundesebene für Spannung: Als Türkis, Rot und Pink im zweiten Anlauf angeschlagen zueinanderfanden, mussten sie zittern, ob die Neos-Mitglieder ihr Placet geben.

Doch zurück nach Wien: In Neos-Kreisen gilt es als offenes Geheimnis, dass Emmerling (und nicht Arapovic) in der neuen Koalition mit der SPÖ den Posten der Bildungsstadträtin und Vizebürgermeisterin übernehmen soll.

Arapovic landete mit mehr Punkten auf Platz zwei

Genau das stößt so manchem sauer auf: Denn die Mitglieder hatten Arapovic bei der Listenerstellung vor der Wien-Wahl ganz bewusst auf den prominenten zweiten Platz (hinter Wiederkehr) gehievt. Emmerling landete im Voting der Mitglieder nur auf dem fünften Platz. Und zwar mit deutlichem Abstand: Arapovic erhielt 614 Punkte, Emmerling mit 303 Punkten rund halb so viel. Dass Emmerling am Ende auf Platz drei der Neos-Liste aufschien, hatte sie nur dem Landesvorstand zu verdanken, der bei den Vorwahlen (parallel zu den Mitgliedern) eigene Punkte vergeben darf.

Die Neos-Spitze müsse gerade jetzt bei den Koalitionsverhandlungen darauf achten, „dass sie nicht den Kontakt zur Basis verliert“, warnt so mancher Funktionär. Noch ist offen, wie der Machtkampf zwischen Emmering und Arapovic ausgeht. Erschwerend wirkt jedenfalls, dass der eigentliche Parteichef ein ganz anderer ist: Den Posten des Landessprechers hat Wiederkehr inne, der auch die Koalitionsverhandlungen mit Michael Ludwigs SPÖ leitet. Aufgeben will Wiederkehr seine Funktion in Wien vorerst nicht.

Der Termin für die Mitgliederversammlung der Wiener Neos, bei dem über den Koalitionsvertrag abgestimmt wird, ist dem Vernehmen nach noch nicht fix. Es könnte aber der 13. Juni sein. Zwei Tage später findet die Bundesmitgliederversammlung statt. Bei einem der beiden Termine entscheidet sich auch, wer für die Neos in den Bundesrat einzieht.

Die zwei starken Männer der ÖVP

Zwei starke Männer an der Spitze gibt es auch bei der Wiener ÖVP. Dort versucht sich neben dem neuen Parteichef Markus Figl auch Daniel Resch als relevanter Player zu etablieren. In eine Koalition mit der SPÖ hat er es, anders als erhofft, nicht geschafft. Als „Machtfaktor“ will er sich dennoch etablieren. In einem Interview mit der Presse holte Resch – freilich nur zwischen den Zeilen, aber für die Adressaten gut verständlich – gleich zu einer Attacke gegen die Parteijugend aus.

Resch kritisierte, dass nur vier Prozent der jungen Wähler ihr Kreuz bei der ÖVP gemacht haben. Diese Zahl sei falsch, heißt es aus den Reihen der JVP. Am Tag, bevor das Interview stattfand, seien in den Gremien interne Analysen präsentiert worden; in diesen komme die ÖVP bei den jungen Wählern auf sieben Prozent.

Wieso Resch mit anderen Zahlen argumentiert? „Vielleicht liest er Zahlen anders als wir“, sagt ein JVP-Funktionär zum KURIER. Ironischer Nachsatz: „Oder er hat einfach die Vier mit der Sieben verwechselt.“

So oder so soll die Parteijugend in der ÖVP in den nächsten Jahren eine wichtigere Rolle spielen: JVP-Obmann Harald Zierfuß gilt als Wunschkandidat Figls für das Amt des Klubchefs.

Dann wären da noch die Grünen: Auch hier gibt es weiter eine Doppelspitze – aus Judith Pühringer und Peter Kraus. Weil den Grünen wohl zwei Posten als nicht amtsführende Stadträte zustehen, gibt es zumindest hier keinen Grund für Ärger.

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