Bandenkrieg in Wien: Prozess um fünffachen Mordversuch

Bandenkrieg in Wien: Prozess um fünffachen Mordversuch
Mutmaßlicher Schütze und Unterstützer sind angeklagt, beide sind nicht geständig. Verhandlung unter hohen Sicherauflagen.

Vor der Sicherheitsschleuse im Wiener Landesgericht für Strafsachen spielten sich am Montagvormittag tumultartige Szenen ab: Eine Gruppe junger Männer dürfte sich in der langen Warteschlange vorgedrängt haben, die Sicherheitsmitarbeiterin wies einen von ihnen zurecht. 

Dieser reagierte aggressiv, die Mitarbeiterin schrie zuerst nach ihrem Kollegen Günther, nach wenigen Minuten rief sie die Polizei. 

Sicherheitsvorkehrungen erhöht

Der junge Syrer war als Zeuge im „Bandenkrieg“-Prozess geladen. Nach den gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Tschetschenen und Syrern mussten sich am Montag zwei Tschetschenen im Alter von 29 und 30 Jahren vor Gericht verantworten. Die Sicherheitsvorkehrungen vor dem Saal 401 waren erhöht. 

Die Staatsanwaltschaft wirft den zwei Männern versuchten Mord vor. Der Ältere soll am 5. Juli 2024 an einer Schießerei  im Anton-Kummerer-Park in der Brigittenau beteiligt gewesen sein. Der 29-Jährige soll ebenfalls anwesend und einen „psychischen Tatbeitrag“ geleistet haben.  

Dem Hauptangeklagten wird vorgeworfen, mit einer Pistole zumindest sechs Mal in Tötungsabsicht auf fünf Kontrahenten geschossen zu haben. Nur knapp sollen die Kugeln die Syrer verfehlt haben, heißt es in der Anklageschrift. Zwei von ihnen wurden verletzt. „Eine Kugel ist in meiner Nähe eingeschlagen, eine Absplitterung vom Projektil hat mich getroffen“, erzählte der junge Syrer, der als Zeuge geladen war. Das andere Opfer erlitt eine vier Zentimeter lange Splitterverletzung im Bereich der Brustbeinspitze.

"Bruder hatte Stress"

Beide Angeklagten zeigten sich nicht geständig. Sie seien beide zur Tatzeit nicht im Anton-Kummerer-Park gewesen. Der 30-Jährige gab zwar zu, mit seinem BMW zum Park gefahren zu sein. Er sei zuvor im Fitnessstudio gewesen und hätte dort von einem Landsmann erfahren, dass dessen jüngerer Bruder „Stress habe“. Man habe beschlossen, mit einem weiteren im Gym anwesenden Tschetschenen zur Unterstützung in die Brigittenau zu fahren. "Helfen wir halt, es geht um den kleinen Bruder", erinnerte sich der 31-Jährige an seine damaligen Gedankengänge.

Schmauchspuren auf Kleidung 

Dort angekommen hätten seine Begleiter Schreckschusspistolen gezogen und wären Richtung Park gelaufen. "Da bin ich eingestiegen und schnell weggefahren. Das war so 100 bis 150 Meter entfernt, ich wollte nicht, dass mein Auto kaputt gemacht wird." Außerdem habe er "aus Selbstschutz" das Weite gesucht.

Für die Schmauchspuren auf seiner Kleidung sowie dem Lenkrad seines Pkw hatte der Angeklagte eine Erklärung: Er sei am Vortag in Bratislava gewesen und habe dort an einem Schießstand mehrere Schusswaffen ausprobiert. Wenige Stunden vor seiner Festnahme habe er  zu Hause seine eigene Waffe gesäubert. Zusätzlich belasten auch mehrere Zeugen den 30-Jährigen. Der Mann wurde am 6. Juli festgenommen. Seither befindet er sich in Untersuchungshaft. 

Seither befindet er sich in U-Haft und hat bis zur Hauptverhandlung von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Auf die Frage des vorsitzenden Richters, warum er bisher nichts gesagt habe, wenn er unschuldig sei, bemerkte der bisher unbescholtene Projektmanager, ein ausgebildeter Mechatroniker: "Weil da so viel passiert ist. Ich wollte mich nicht äußern bis zur Hauptverhandlung."

Auch der 29-Jährige hatte bisher keine Angaben gemacht. Er soll in Kenntnis des Tatplanes den Hauptangeklagten, mit dem er eigenen Angaben zufolge seit 14 Jahren befreundet ist, begleitet haben. Laut Anklage bewaffnete sich der Jüngere am Tatort ebenfalls, ein Waffengebrauch war ihm allerdings nicht nachzuweisen. Die Anklageschrift unterstellt ihm, er hätte den 30-Jährigen "zumindest psychisch bei dessen Schussabgaben bestärkt".

Urteile am 7. Mai erwartet

Der 29-Jährige erklärte, er hätte sich nicht gemeinsam mit dem Hauptangeklagten, sondern zusammen mit einer Freundin zum Kummerer-Park begeben, mit der er in der Nähe zum Pizza-Essen verabredet gewesen sei: "Plötzlich sind alle in den Park hineingelaufen." Er habe schauen wollen, was dort los sei, "da hab' ich schon Knallen und Schüsse gehört." 

Belastet wird der 29-Jährige zum einen vom Ergebnis einer Rufdatenrückerfassung. Er streitet jedoch gar nicht ab, in der Nähe des Tatorts gewesen zu sein. Zum anderen wurde seine Bauchtasche im BMW des Hauptangeklagten sichergestellt. Dazu erklärte der 29-Jährige, er hätte seinen Freund am Nachmittag getroffen gehabt und die Tasche im Auto versehentlich liegen gelassen. Sein Verteidiger Florian Kreiner zeigte sich von einem Freispruch überzeugt: "Er hat weder mitgekämpft noch sich sonst beteiligt. Es gibt kein Beweisergebnis, dass er bei den Schüssen daneben gestanden ist."

Die Verhandlung ist auf zwei Tage anberaumt. Die Urteile sollen am 7. Mai fallen.

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