Streit als Auslöser
Von Sozialarbeitern hat der KURIER erfahren, dass die Fehde seit Anfang des Jahres läuft. Eine Gruppe junger Tschetschenen soll von Syrern in einem Park aufgefordert worden sein, den Platz zu verlassen. Als man sich weigerte, begann eine Schlägerei; die Hetzkampagnen von beiden Seiten folgten rasch.
Einer, der sich seit Jahren für Frieden unter den Jugendgruppen der Stadt einsetzt, ist Ahmed alias „Che“, der mit Polizist Uwe lustige Erklärvideos für Tiktok dreht. Auch er bestätigt auf der Videoplattform die Geschichte des Konflikts und stellt klar: „Syrer haben danach immer wieder tschetschenische Jugendliche angegriffen, Mädchen belästigt. Es kam zu vier Messerattacken. Wir Tschetschenen wollen und brauchen den Ruf nicht, die gefährlichen zu sein. Wir wollen einfach nur in Frieden in Österreich leben“.
U-Haft
Obwohl es oft Jugendliche sind, die sich in den Telegram-Gruppen engagieren, gibt es zentrale Figuren, die die Masse aufstacheln. Sie sind meist um die 30 Jahre alt – einer von ihnen sitzt derzeit in Wien in U-Haft. Der 29-jährige Tschetschene dürfte maßgeblich an der Straßenschlacht vom Freitag in der Brigittenau beteiligt gewesen sein. Es wird ihm versuchter Mord vorgeworfen.
Codes
Liest man in den Telegram-Gruppen mit, ist es aber nur eine Frage der Zeit, bis wieder etwas passiert. Um den Inhalt überhaupt verstehen zu können, muss man Codes kennen. Tschetschenen hetzen dort gegen sogenannte 505/515. Mit diesen Zahlen identifizieren sich Syrer und Araber, weil sie einst Symbole für ihren Freiheitskampf waren (siehe Kasten). 505/515-Gruppen bestehen meistens aus jugendlichen, männlichen Asylwerbern. Von ihnen werden Fotos gepostet und zur Jagd auf sie aufgefordert – und umgekehrt passiert das Gleiche. Ein Video aus der Gruppe zeigt, wie zirka 30 „505/515er“ einen jungen Tschetschenen in Meidling verprügeln.
Auf der anderen Seite schreckt man nicht vor der Beschreibung grotesker homosexueller Gewaltfantasien zurück, um Rache an den 505/515-Gruppen üben zu können. Sie seien schließlich keine echten Männer.
Wer bei den Chats besonders aufmerksam mitliest, ist die Polizei, wie man dem KURIER sagt: „Informationen aus sozialen Medien und Messenger-Diensten werden umfassend in die laufende Bewertung der Lage und die kriminalpolizeilichen Ermittlungen einbezogen.“ So konnte am Montag eine weitere Eskalation verhindert werden – vorerst.
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