Wien: Kritik an Feuerwehr-Nebenjobs

Symbolbild
Mitarbeiter sollen Brandschutz-Konzepte erstellen, die dann ihre Kollegen beurteilen.

Was in Graz längst Geschichte ist, ist in Wien immer noch möglich: Beamte der Berufsfeuerwehr (MA 68), deren Abteilung in das Bauverfahren involviert ist, bessern ihr Einkommen bei Unternehmen auf, die für große Bauprojekte etwa Brandschutzkonzepte erstellen oder Brandmeldeanlagen abnehmen. Einem Branchen-Insider (Name ist der Redaktion bekannt) zufolge führt das beispielsweise dazu, dass MA-68-Beamte nebenberuflich Brandschutzkonzepte erstellen, die ihre Kollegen aus derselben Magistratsabteilung im behördlichen Verfahren beurteilen.

Das Ergebnis dieser Konstellation: "Es wird als Weg des geringsten Widerstands empfunden, wenn man von der Einreichphase bis zur Nachweisführung die Firmen der Beamten beauftragt. Dann klappt die Genehmigung bei der Behörde jedenfalls problemlos."

Örtliche Grenze

In Graz ist diese Nebenjob-Praxis nicht mehr möglich: Nach Kritik des Stadtrechnungshofs müssen Feuerwehrleute schriftlich erklären, einen Nebenjob nicht im Raum Graz auszuüben. Auch die Stadt Linz akzeptiert keine derartigen Zuverdienste (siehe Zusatzartikel). Diese Erkenntnisse können nicht auf Wien umgelegt werden, sagt ein Sprecher der Wiener Berufsfeuerwehr. Denn die Feuerwehrleute würden notwendige Brandschutzmaßnahmen nicht vorschreiben, wie das etwa in Graz der Fall sei. Dies erledige die Kompetenzstelle Brandschutz (KSB) der Baupolizei (MA 37), das Büro für vorbeugenden Brandschutz in der MA 68 berate sie lediglich.

Wollen Wiener Beamte dazuverdienen, müssen sie das ihrem Arbeitgeber melden. Nicht erlaubt ist ein Nebenjob dann, wenn eine Nähe zum Dienstverhältnis besteht oder Befangenheit vermutet wird. Das Handbuch zur Korruptionsprävention der Stadt Wien führt ein Beispiel für letzteres an: "Ein Antragsteller fragt, ob Sie oder ein Ihnen bekanntes Unternehmen für ihn Einreichunterlagen verfassen könnten." Die angegebene Lösung: "Lehnen Sie höflich ab."

Eine Kollision mit diesen Vorgaben sieht die MA 68 nicht. Die KSB trage lediglich konkrete technische Fragen an das Büro für vorbeugenden Brandschutz heran, sagt ein Sprecher. Ganze Brandschutzkonzepte werden beispielsweise nicht beurteilt. Daher sei es auch nicht möglich, dass ein MA-68-Beamter einen Kollegen aus dem Büro für vorbeugenden Brandschutz bittet, ein von seiner Firma erstelltes Konzept durchzuwinken. Die Vorwürfe seien haltlos. In der Praxis laufe der Großteil der Verfahren ohne Involvierung der MA 68 ab.

Neos-Gemeinderat Christoph Wiederkehr will vor diesem Hintergrund nun in Erfahrung bringen, was die Stadt konkret unter einer unvereinbaren Nähe versteht."Es ist absolut unvereinbar, dass Beamte gleichzeitig für private Unternehmen in derselben Branche arbeiten. Diese Verstrickungen müssen endlich aufgedeckt und beendet werden." Entsprechende Anfragen brachte er bereits ein, Antworten sollen nächste Woche vorliegen.

Wie streng Unvereinbarkeitsregeln ausgelegt werden können, bekam 2012 ein ehemaliger Linzer Branddirektor zu spüren. Als bekannt wurde, dass sein technisches Büro Aufträge von Linzer Firmen angenommen hatte, handelte er sich einen Verweis ein.

Der Grund: Seine Firma erstellt Sicherheitskonzepte, welche etwa für die Genehmigung von Betriebsanlagen erforderlich sind. "Als Branddirektor ist er in die behördliche Genehmigung involviert – zwar nicht direkt, aber er ist gegenüber seinen Mitarbeitern weisungsbefugt", sagt die städtische Personaldirektorin Brigitta Schmidsberger. Die Mitarbeiter des Beamten wären also in die Verlegenheit gekommen, im Zuge des behördlichen Verfahrens Konzepte zu beurteilen, die die Firma ihres Chefs erstellt hat. Schmidsberger: "Das widerspricht der Objektivität."

Das oö. Statutargemeinden-Bedienstetengesetz verbietet Nebenjobs, die die Vermutung einer Befangenheit hervorrufen. Der Vertrag des Branddirektors untersagte ihm zudem explizit, für Linzer Firmen zu arbeiten. Schmidsberger räumt ein, dass er die Aufträge nicht persönlich annahm, aber: "Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass er seinem Geschäftspartner untersagen hätte müssen, derartige Aufträge anzunehmen, um den Anschein der Befangenheit zu vermeiden."

Trotz mehrmaliger Anfragen war der ehemalige Branddirektor nicht bereit, gegenüber dem KURIER eine Stellungnahme abzugeben.

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