Wien: Kontrolle statt Copa-Cagrana-Chaos
Strenge Vergabekriterien, detaillierte Auflagen: Wer auf Grund und Boden der Stadt Wien Geschäfte machen will, muss sich neuerdings verschärften Regularien unterwerfen. Jüngste Beispiele für die straffer angezogenen Zügel sind die Vergabe von Uferabschnitten des Donaukanals, die novellierte Marktordnung oder die neuen Pachtverträge im Böhmischen Prater. Sie haben eines gemeinsam: Die Stadt behauptet dadurch ihre Oberhand darüber, wie genau die Flächen bespielt werden – und von wem. Sie erobert sich damit ein Niveau von Kontrolle zurück, die ihr auf der Copa Cagrana jahrelang abhandengekommen war.
Der einstige Schandfleck an der Neuen Donau heißt mittlerweile Copa Beach. Bald soll das 41.000 Quadratmeter messende Areal in großem Stil herausgeputzt werden. Bis 2020 wird das Gelände umgebaut – geplant sind eine Liegewiese, ein Sportturm und ein Beach-Tower. Der Weg zur schicken Freizeitmeile war langwierig: Rund sechs Jahre dauerte der Kampf zwischen Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) und Ex-Generalpächter Norbert Waldenburg (früher Weber).
Waldenburg war jahrzehntelang der Herr der Copa – zu für ihn äußert günstigen Konditionen: Er bezahlte teilweise weniger als zwei Euro Zins pro Quadratmeter, seine Verträge waren quasi unkündbar. Die Lokale verpachtete er an rund 20 Subunternehmer weiter. Mit der Zeit glich die Ausgehmeile allerdings mehr einer Dauer-Baustelle als einer lebendigen Lokalszene – die Gemeinde machte den Generalpächter dafür verantwortlich. Es folgten Razzien, Dutzende Klagen und schließlich die Insolvenz Waldenburgs.
Eine Fläche
Nun will die Stadt vermeiden, erneut derart die Führung zu verlieren – etwa am Donaukanal. Weiten Flächen (mit denen entsprechende Macht einhergeht) in der Hand eines Pächters wurde dort kürzlich ein Riegel vorgeschoben. Die Grundeigentümerin Donauhochwasserschutzkonkurrenz (DHK) (die Stadt Wien ist darin vertreten, Anm.) verlängerte auslaufende Verträge für sechs begehrte Uferabschnitte nicht, sondern suchte in einem umstrittenen Vergabeverfahren Betreiber – den Gewinnern winkten Zehnjahresverträge. Allerdings verlangte die DHK einen umsatzabhängigen Zins und detaillierte Nutzungskonzepte – was vor allem kleine Lokale vor Hürden stellt. Und: Interessenten durften sich nur für eine Fläche bewerben.
Dieser Passus traf Badeschiff-Betreiber Gerold Ecker, der mehrere Flächen gepachtet und teilweise weitervermietet hatte. Die Ausschreibung sei ein Hebel gewesen, um Eckers Praxis zu unterbinden, wird am Kanal gemunkelt. Stadträtin Sima verteidigte das Vorgehen mit einem Rechnungshof-Bericht, der eine Interessentensuche einmahnte. „Es gab am Donaukanal eine Tendenz abwärts. Herr Ecker hat Container aufgestellt, es lagen Bretter und Müll herum“, behauptet sie im KURIER-Gespräch. „Das hat mich sehr an die Copa Cagrana erinnert.“
Notausgang
Aus dem Konflikt habe sie gelernt, „dass man früh eingreifen muss“, erzählt Sima. „Zu lange zusehen ist gefährlich.“ Deshalb habe sie 2015, als sie die Marktagenden übernahm, gleich versucht, den dortigen Entwicklungen gegenzusteuern. Bis die neue Marktordnung fertig war, hat es bekanntlich noch drei Jahre gedauert. Auch auf den Märkten achtet die Gemeinde nun darauf, nicht genehme Partner leichter auswechseln zu können. Denn Stände dürfen nicht mehr unbefristet weitergegeben werden, sondern zunächst für 20 und dann für zehn Jahre. Zudem schreibt sie den Unternehmern die Öffnungszeiten vor, um einen Missbrauch der Stände als Lager zu unterbinden. Ein-Personen-Unternehmen ächzen unter dieser Auflage, Sima sagt: „Wir vergeben günstige Pachtverträge und erwarten uns im Gegenzug auch, dass die Stände offen haben.“ Wie auch am Donaukanal soll künftig eine Kommission entscheiden, wer den Zuschlag für einen Stand bekommt.
Ihr eigenes Süppchen kochten in dieser Hinsicht bisher die Christkindlmärkte. Standler konnten sich beim privaten Verein zur Förderung des Marktgewerbes melden (er richtet etwa den Markt am Rathausplatz aus, Anm.). Eine undurchsichtige Jury, deren Mitglieder nicht bekannt waren, vergab die Stände. Nun liegt die Entscheidung bei den fünf Vereinsvorständen – ihre Namen müssen online veröffentlicht werden.
Trotz der Fülle an Regularien will Sima nicht von einem Masterplan sprechen, aber: „Wir haben sicher unsere Lehren aus der Copa Cagrana gezogen“, sagt sie. „Als Stadt hat man die Aufgabe, die Richtung vorzugeben. Es ist legitim, dass wir uns die Instrumente schaffen.“
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