Nach der langen Wahlprozedur trat der wiedergewählte SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig ans Rednerpult, um nach Worten der Anteilnahme an die Betroffenen des Amoklaufs in Graz gerichtet, seine Regierungserklärung abzugeben.
Ludwig hielt sich dabei penibel an das 191-seitige Regierungsprogramm Rot-Pink II, das von den Koalitionspartnern "Aufschwungsprogramm" genannt wird. Und Ludwig bemühte den großen Wiener Philosophen Karl Popper, der gesagt hat, "von uns hängt die Zukunft ab".
An der Zukunft Wiens will Ludwig das Kapitel der kommenden fünf Jahre mitschreiben. Was angesichts der budgetären Verhältnisse an den österreichischen Gebietskörperschaften eher mit dem Rotstift passieren könnte, wie Ludwig durchklingen lässt: "Wir werden in allen Ressorts Sparmaßnahmen treffen."
Fokus auf Wirtschaft
Und fügte aber unmittelbar hinzu, das "Konjunkturpflänzchen in Wien weiterwachsen zu lassen". Beitragen soll ein KI-Gigarechenzentrum anstelle von Stellantis in Wien Aspern, eine "milliardenschwere Investition, für die ich zuversichtlich bin, dass wir den Zuschlag von der EU erhalten", meinte Ludwig.
In diesem Zusammenhang verwies der Bürgermeister konkret auf die gute Kooperation mit der Wirtschaftskammer in Wien, bei internationalen Investments wie auch bei der lokalen Grätzl-Wirtschaft.
Sparen bei der Mindestsicherung
Aber zurück zum Sparen. Ludwig hat angekündigt, bei der Mindestsicherung nachjustieren zu wollen, wie blieb offen. Neben der Forderung, das bundeseinheitlich zu regeln, will Ludwig diese Mindestsicherung beim AMS verankert wissen. Er fordert eine gleichmäßige und gerechte Aufteilung aller Menschen, die nach Österreich kommen und bekennt sich zu Residenzpflicht und einer Kindergrundsicherung.
365-Euro-Ticket: Neuer Preis bleibt offen
Was wohl auch kommen wird: Die Erhöhung des Preises für das 365-Euro-Ticket für Wien. Aber auch hier gibt es weder im Programm noch in der Regierungserklärung konkrete Überlegungen. Die weiteren - bereits bekannten - Eckpunkt Ludwigs: Bildung samt Deutschförderung inklusive Umsetzung der jährlichen Integrationsberichte, Ausbau der Gesundheitsversorgung, Klimamaßnahmen wie die neue Verkehrsregelung am Ring, die verkehrsberuhigte Innenstadt und der Ausbau der Öffis.
In Sachen Sicherheit bemühte Ludwig erneut den Bund: Mehr Personal für die Wiener Polizei sei obligat, Antisemitismus und Faschismus werde Wien weiter nicht akzeptieren ebenso Gewalt an Frauen. Erst ganz zum Schluss der Rede gab es erstmals Applaus aus den eigenen Reihen - als Ludwig das Miteinander "dieses dynamisch wachsenden Wiens" anbot und auch die Opposition zur Mitgestaltung einlud.
Bettina Emmerling (Neos), die erneut zur Vizebürgermeisterin gewählt wurde, sieht einen Aufschwung sowohl in wirtschaftlicher als auch gesellschaftlicher Natur im gleichnamigen Programm verwirklicht. Wenngleich auch sie einräumt: "Der Spardruck ist enorm, wir schauen uns alles genau an." Auch, ohne genauer darauf eingehen zu wollen. Jedenfalls bestätigte sie, dass alle finanziellen Fragen in den unmittelbar startenden Budgetverhandlungen über die Sommermonate geklärt werden.
Opposition bleibt bei Kritik am Programm
Wenig Begeisterung zum Regierungsprogramm gibt es bei der Opposition. Blass und mutlos findet Grünen-Chefin Judith Pühringer das Programm, Harald Zierfuß (ÖVP) sieht "schöne Worte und leere Versprechen" und ein "Weiterwurschteln wie bisher". 85 Mal werde im Programm evaluiert, die Mindestsicherung sei eine soziale Hängematte, wegen der eigentlich niemand nach Wien kommen sollte.
Und auch die Weiterentwicklung findet er im Programm nicht wirklich, obwohl der Begriff 132 Mal vorkomme. Und dass Reformen nur 12 Mal ausgesprochen werden, stehe symptomatisch dafür, dass diese nicht angegangen würden.
Ins selbe Horn stieß dann auch Dominik Nepp von der FPÖ. "Die Krise von Wien ist die SPÖ", sagt er, "in dem Programm und in der Rede Ludwigs findet sich kein Elan", die Regierung sei lediglich eine "Abschwungskoalition", die versuche, mit einer Ankündigungspolitik über die Periode zu kommen.
Kommentare