Wien gegen Quarantäne-Aus: "Noch nie ging der Bund so chaotisch vor"

Einmal mehr herrscht in Sachen Corona dicke Luft zwischen Ballhausplatz und Wiener Rathaus. Bis zuletzt hatte sich die Stadtregierung mit Verweis auf die steigenden Zahlen bei Infektionen und Spitalspatienten gegen die Aufhebung der Quarantäne gewehrt.
Besonders verärgert ist man im Büro von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) über das Zustandekommen der Neuregelung: „Ein Entwurf der Verordnung wurde an Boulevardmedien geleaked, noch ehe (zumindest die SPÖ-geführten) Bundesländer informiert wurden. „Noch nie ist man bei der Erstellung einer Verordnung derart chaotisch vorgegangen“, empört sich ein Sprecher. „Und das bei der einschneidendsten Änderung seit Pandemie-Beginn. Das ist höchst unprofessionell. Ein kindisches Spiel in einer ernsten Angelegenheit.“
Er kann nicht nachvollziehen, dass man die Länder nicht zeitgerecht eingebunden habe, wo doch sie für die Umsetzung der neuen Regeln verantwortlich seien. „So sind aber viele arbeitsrechtliche Fragen noch völlig ungeklärt, das wird am 1. August zu Chaos führen“, sagt der Hacker-Sprecher. Unklar sei etwa, wie man mit den Personen umgeht, die zu diesem Zeitpunkt gerade in Quarantäne sind.
Wien muss mitziehen
Hacker selbst bestätige am Dienstag, dass Wien nicht beabsichtige, strengere Quarantäne-Regeln beizubehalten. Das wäre angesichts von 300.000 Menschen, die nach Wien pendeln sinnlos. Zudem dürfte die Verordnung dafür auch keinen rechtlichen Spielraum lassen, ergänzt sein Sprecher.
Nun wird spekuliert, ob Wien als Ausgleich auf anderen Ebenen die Corona-Regeln verschärft. „Nach dem Aus für die Quarantäne und der Einschränkung der Tests haben wir aber kaum noch Instrumente dafür in der Hand“, sagt der Sprecher. Dabei würde die WHO angesichts der bevor stehenden Herbstwelle einen Ausbau von Tests und der Maskenpflicht empfehlen. „Nun können wir aber nur zuschauen, die Bundesregierung hat alle Gliedmaßen der Gesundheitsbehörden amputiert.“
Droht neuer Lockdown?
Hacker äußerte am Dienstag die Befürchtung, dass im Herbst ein neuer Lockdown drohen könnte. „Das Theater für Herbst und Winter ist vorprogrammiert“, meinte der SP-Stadtrat: „Spätestens im September fliegen uns die Zahlen um die Ohren.“ Es sei zu befürchten, dass im Herbst in einigen Bundesländern die Spitäler wieder überlastet sein werden. Zum Teil sei das jetzt schon der Fall.
Für Befremden in Wien sorgt auch, dass der gerade erst von der Regierung vorgestellte Variantenmanagementplan nicht mit deren aktuellem Vorgehen zusammenpassen würde. "Laut Plan befinden wir uns derzeit in Stufe 3. Die jüngsten Lockerungen entsprichen aber Stufe 1, also der Phase der Abschwächung der Pandemie", sagt der Sprecher.
Kein gutes Haar lässt man im Hacker-Büro an Minister Rauch: „Es hieß, er sei ein Polit-Profi. Doch jetzt wiederholt er 1:1 die Fehler seiner Vorgänger.“
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