Wien droht ein Wander-Strich

Wien droht ein Wander-Strich
Leopoldstadt. Der Straßenstrich im Prater wird wegen der Wirtschaftsuni stark verkleinert.

Obwohl als ältester Wirtschaftszweig der Welt bekannt, sorgt der Straßenstrich im Prater – direkt vor den Toren der neuen Wirtschaftsuni – für heftige Proteste. Schon vor dem Sommer ließ WU-Rektor Christoph Badelt im KURIER-Gespräch keine Zweifel aufkommen: „Ich gehe davon aus, dass bis zur Eröffnung der Universität das Problem gelöst ist.“

Immerhin besuchen ab Oktober 25.000 Studenten das Universitätsgelände zwischen der Messe Wien und dem Wurstelprater. Bei diesem Prestigeprojekt setzt das Wissenschaftsministerium auch auf internationale Interessenten. Prostituierte vor der Türe der Universität sind da eher nicht die beste Empfehlung.

Während sich Pratergrößen wie die Familie Kolarik (Schweizerhaus), Manager der Austria Trend Hotels sowie des Novomatic-Casinos über die sündige Meile aufregen, versucht Neo-Bezirksvorsteher Karl Heinz Hora, die Sexarbeiterinnen aus dem Prater zu verbannen: „Ich habe auch auf Unterstützung anderer Bezirkschefs gehofft. Aber da kam nichts. Als Stadtplaner kenne ich in vielen Bezirken Straßenzüge und Areale, wo der Straßenstrich anzusiedeln wäre“ (siehe Interview rechts).

Widmung verzögert

Hora bleibt zusätzlich wegen der „Sommerpause“ im Rathaus im Regen stehen. Denn, wo jetzt die Damen ihre Dienste anbieten, werden ein weiteres Hotel und ein Studentenheim gebaut. Die Widmung Wohnzone – hier ist der Straßenstrich laut Prostitutionsgesetz verboten – hätte bereits im Juni ergehen sollen. „Ich erwarte mir jetzt den Beschluss für September“, so der Leopoldstädter Bezirkschef.

Ist die Widmung erteilt, reduziert sich der Straßenstrich im Prater auf 100 Meter Länge. Und zwar auf der Perspektivstraße vor dem Parkhaus der Messe Wien.

Für Szenekenner sind 100 Meter aber zu kurz. Und Alternativen gibt es kaum. So bewegte sich der Strich – nach dem Verbot auf der Linzer und der Felberstraße – zum Auhof an der Stadtgrenze. Dort fehlte es an Infrastruktur (Toiletten und Öffis). Zusätzlich war es den Sexarbeiterinnen zu abgelegen und zu gefährlich. Blieb die Brunner Straße in Wien-Liesing. Dort wiederum laufen Anrainer gegen das Gewerbe Sturm.

Zwar werden in Wien immer mehr Laufhäuser genehmigt, in diesen müssen aber die Frauen die Zimmer zahlen. Der Verdienst verringert sich drastisch. Insider warnen jetzt – wie in deutschen Großstädten – vor einem Wander-Strich von Bezirk zu Bezirk.

Bordell-Kahlschlag

Die Novellierung des Wiener Prostitutionsgesetzes ist seit 2011 aufrecht. Dabei wurden die Auflagen für Bordelle verschärft. So sind Freudenhäuser jetzt genehmigungspflichtig. Die strengeren (Bau-)Bestimmungen brachten dem Rotlicht einen Kahlschlag.

Von etwa 450 Lokalen sind 207 Häuser genehmigt. Über 70 Verfahren laufen noch. Aktuell sind ein Dutzend Laufhäuser genehmigt. Laut Novelle können Bezirke weiters „Erlaubniszonen“ für den Straßenstrich beschließen. Bis dato aber halten sich die Lokalpolitiker zurück. 300 Frauen arbeiten auf dem Straßenstrich.

KURIER: Sie haben als Bezirkschef das Problem Straßenstrich von Ihrem Vorgänger geerbt. Werden Sie die Misere lösen?

Karl Heinz Hora: Wenn die Widmung Wohnzone endlich vom Rathaus kommen würde, dann ja.

Man wird seit Jahren das Gefühl nicht los, dass keiner Ihrer Amtskollegen helfen will ...
Zumindest kommen keinerlei hilfreiche Vorschläge. Ein Bezirk muss eine Erlaubniszone beschließen. Und das passiert eben nicht.

Laut Ihren Angaben wüssten Sie, wo der Straßenstrich in Wien angesiedelt werden könnte. Wo denn?
Etwa in der Muthgasse und auf der Simmeringer Hauptstraße.

Die Leopoldstadt gilt als Vorzeige-Bezirk bei Firmenansiedlungen und Wohnbau. Fürchten Sie um das aufgebaute Image?
Ab September wird der Straßenstrich dank Wirtschafts-Uni und Hotel zurückgedrängt. Wenn man so will, wird die ,Spielwiese‘ kleiner.

Sind Sie für ein generelles Verbot des Straßenstrichs?
Solange es Nachfrage gibt, gibt es auch Angebote.

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