Strahlendes Uni-Büro geräumt

Strahlendes Uni-Büro geräumt
Radioaktive Altlast aus der Monarchie. Mitarbeiter werfen der Uni Vertuschung vor.

Als ich im September das Mail von der Uni Wien bekam, fiel ich aus allen Wolken“, erinnert sich Günther Friesinger. „Ich möchte Sie darüber informieren, dass am Standort Porzellangasse 33a im Erdgeschoß in zwei Räumen erhöhte Werte von radioaktiver Strahlung festgestellt wurden“, musste er darin lesen. Samt der Bitte, sich im AKH zu einer Untersuchung einzufinden.

Von 2004 bis 2009 arbeitete der heute 40-Jährige für die Uni-Abteilung Studienservice und Lehrwesen, die sich in dem Haus im 9. Bezirk eingemietet hatte. Hätte Friesinger damals die Geschichte des Gebäudes gekannt, hätte er sich einen anderen Arbeitsplatz gesucht.

Strahlendes Uni-Büro geräumt

Sie enthüllte sich den Mitarbeitern erst im vergangenen Herbst, als ein Techniker das Haus mit einem Geigerzähler untersucht hatte. Aus dem bereits 1996 erschienenen Buch „Der strahlende Doppeladler“ wusste er, dass während der Monarchie in dem späteren Uni-Büro das k.u.k. Montanverkaufsamt untergebracht war. Dort wurde recht sorglos mit Radium hantiert. 1913 kam es zu einer Panne, bei der geringe Mengen des strahlenden Materials entwichen. Grund genug, dass der Techniker fast 100 Jahre später noch eine erhöhte Strahlung messen konnte.

Räumung

Daraufhin räumte die Uni das Büro und informierte die Mitarbeiter. Experten der Seibersdorf Labors nahmen das Büro genauer unter die Lupe. Ihr Ergebnis: In zwei Arbeitsräumen lagen die Werte über dem Grenzwert für die Allgemeinbevölkerung von 1 Millisievert/Jahr. Jedoch innerhalb des zulässigen Grenzbereiches der Strahlendosis (6 bis 20 mSv/Jahr), der auch beruflich strahlenexponierte Personen an ihren Arbeitsplätzen (z. B. Röntgenlabors) ausgesetzt sind. Die Belastung war lokal begrenzt.

„Natürlich war die Angelegenheit für die Mitarbeiter zunächst ein Schock. Aber für ihre Gesundheit bestand keine Gefährdung“, betont eine Uni-Sprecherin.

Das Lebenszeit-Risiko der Betroffen, aufgrund der Verstrahlung Krebs zu bekommen, liegt bei eins zu einer Million. Das geht aus einer Studie hervor, die Experten rund um den Umweltmediziner Hans-Peter Hutter zu der Causa verfasst haben.

Aber: Im Sinne der Vorsorge sei die Nutzung der Räume als Dauerarbeitsplatz nicht empfehlenswert.

So sieht das auch Günther Friesinger, der mit der Uni hart ins Gericht geht: „Ihre Info-Politik ist ein völliges Desaster. Man hat das Gefühl, dass sie auf Zeit spielt.“ Nachdem das Buch 1996 veröffentlicht und an alle maßgeblichen Stellen verschickt wurde, hätte in seinen Augen die Uni längst Bescheid wissen müssen. Pikantes Detail: 1997 präsentierte der Autor Joseph Braunbeck sein Buch bei einem Vortrag an der Uni.

„Die Untersuchung im Spital war erst recht absurd: Es wurde abgeklärt, ob man für die Arbeit mit radioaktiven Stoffen geeignet ist“, ärgert sich Friesinger. Er überlegt mit einem Dutzend anderer Betroffener rechtliche Schritte. Weiters fordert er eine transparente Datenbank mit allen verstrahlten Gebäuden in Österreich.

Dass man schon vor 2012 von der Verstrahlung des Büros gewusst hat, weist die Uni zurück. „Und mehr als wir kann man als Arbeitgeber nicht machen. Die Mitarbeiter wurden verständigt, es gab auch Info-Veranstaltungen.“

Offen bleibt, was mit dem Büro weiter passiert. Der Eigentümer war gegenüber dem KURIER zu keiner Stellungnahme bereit.

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