Das hinderte die Stadt Wien nicht daran, 2018 eine Straße in Meidling (Lore-Kutschera-Weg) nach der Botanikern zu benennen. Für den Historiker Peter Autengruber eine vollkommen unverständliche Entscheidung der Verantwortlichen auf Bezirks- und Gemeindeebene: „2018 – nach Jahren der Diskussion über heikle Straßennamen – hätte das nicht passieren dürfen. Ich hätte mir von den Behörden mehr Sensibilität erwartet.“ Schon der biografische Eintrag zu Kutschera im Stadt-und-Landesarchiv würde Hinweise auf ihre Rolle in der NS-Zeit liefern. Autengruber ist dafür, dass der Weg umbenannt wird.
In der neuen Publikation „Umstrittene Wiener Straßennamen“, die der Historiker gemeinsam mit seinen Kollegen Oliver Rathkolb, Lisa Rettl und Walter Sauer erstellt hat, ist der Botanikerin ein eigenes Kapitel gewidmet. Bei dem Buch, das demnächst präsentiert wird, handelt es sich um einen Ergänzungsband der gleichnamigen Studie aus 2013, die damals schon für lebhafte Diskussionen sorgte.
Seitdem ist viel geschehen: Einige Straßen, die nach Persönlichkeiten mit einer problematischen Biografie benannt waren, wurden inzwischen umbenannt, etliche erhielten eine Zusatztafel mit erklärenden Informationen.
„Einige Fälle haben wir damals übersehen“, erklärt Autengruber die Notwendigkeit des Zusatzbandes. Etwa die Bullagasse in der Donaustadt, benannt nach Max Bulla (1905–1990). Der erfolgreiche Radrennfahrer trat 1940 der NSDAP bei.
Breiten Raum nimmt in dem Buch auch die jüngste Rassismus-Debatte ein, die sich an Straßennamen wie die Kleine oder die Große Mohrengasse (Leopoldstadt) entzündet hat.
Wie berichtet, wird in einer Petition die Umbenennung beider Straßenzüge gefordert. Historiker Autengruber hält in diesem Fall aber nichts davon, vielmehr würde eine erklärende Zusatztafel genügen. „Den Personen, die eine Umbenennung fordern, fehlt es an Geschichtsbewusstsein. Sie haben kein Interesse daran, wie sich der Begriff und seine Bedeutung historisch entwickelt haben“, betont er. Ursprünglich sei mit der Bezeichnung „Mohr“ keine rassistische Abwertung verbunden gewesen. Sie habe erst im Laufe der Jahrhunderte eingesetzt.
Den Begriff aus dem Stadtbild zu tilgen, wäre kontraproduktiv – ähnlich wie die Beseitigung diverser Statuen und Denkmäler. Der Historiker: „Wenn sie verschwinden, findet keine Auseinandersetzung mit ihnen mehr statt.“
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