Weicher Untergrund: Baukran stürzte ins Wohnzimmer

Einsatzkräfte der Feuerwehr bei Sicherungsarbeiten an dem umgestürzten Baukran im Bezirk Josefstadt
Feuerwehr musste Straßenzüge sperren und die Mieter aus drei Häusern bergen.

Auf einmal hat es fürchterlich gekracht.“ Es war Samstag, exakt um 3 Uhr 30, als die 75-jährige Hedi Moritz in ihrem Haus in der Josefstädter Straße 82 unsanft aus dem Schlaf gerissen wurde. Ein riesiger Baukran war auf das Dach des Hauses gekracht.

Durch das Fenster sah Frau Moritz das gelbe Gestänge. Dann war die Umgebung plötzlich voll Blaulicht. „Die Feuerwehr war in Rekordzeit da und begann das Haus zu evakuieren.“ Die Wiener Berufsfeuerwehr hatte Alarmstufe 2 ausgerufen und war mit 70 Mann und 20 Einsatzfahrzeugen angerückt.

Ersatzquartiere

Hedi Moritz hatte Glück. Sie wohnt zur Hofseite, sie durfte bleiben. 18 Mieter aus dem betroffenen Haus und aus zwei gegenüberliegenden Häusern mussten sofort hinaus. Sie wurden in Ersatzquartieren untergebracht. Eine bettlägerige Person wurde von der Wiener Berufsrettung vorsorglich ins Krankenhaus gebracht. Vorher wurden die Bewohner aber noch aufgefordert, ihre vor dem Haus abgestellten Pkw in Sicherheit zu bringen.

Noch mehr Glück hatte der Mieter Ivan Kupresak von der Wohnung im obersten Stock. Er ist froh, dass er noch lebt. Denn der Kranarm hat das Dach durchschlagen und ist in seine Wohnung gekracht. Dem ORF erzählte er später: „Ich habe einen Krach gehört. Die ganze Wohnung hat gezittert und war staubig. Dann bin ich aufgestanden und habe im Wohnzimmer den ganzen Schutt und die Ziegel gesehen. Ich wollte im Wohnzimmer schlafen, aber um Mitternacht bin ich doch ins Schlafzimmer gegangen. Wenn ich geblieben wäre, wäre ich jetzt vielleicht nicht mehr da.“

Dann begann die Feuerwehr die Wände zu sichern. Gleichzeitig mussten der Kranausleger sowie das Auslegergewicht am Dach festgezurrt werden. Dabei kam auch die Höhenrettungsgruppe der Feuerwehr zum Einsatz. Gleichzeitig begannen Bautrupps der Wiener Verkehrsbetriebe, die durch Trümmer beschädigte Oberleitung der Straßenbahn und kaputte Teile der Straßenbeleuchtung zu reparieren. Gegen Mittag begann ein Spezialunternehmen, die Kranteile abzumontieren.

Bei Tageslicht zeigte sich, dass Wien ganz knapp an einem großen Unglück vorbeigeschrammt ist. Wäre der Kran am Tag umgestürzt, hätte es wohl der Kranführer nicht überlebt. Hätte sich der Kran nur geringfügig in eine andere Richtung bewegt, wäre er in die belebte Josefstädter Straße gekracht.

Ursachenforschung

Sachverständige müssen nun klären, wie es zum Unglück kam. Das Ungetüm war auf einer dicken Betonplatte montiert. Die ist straßenseitig in der Blindengasse eingesunken und hat dadurch die gesamten Konstruktion zu Fall gebracht. Untersucht muss nun werden, was zum Einsinken geführt hat. Infrage kommen mehrere Möglichkeiten. Sie reichen vom vergessenen Kellergewölbe aus dem Mittelalter bis zur unterirdischen Wasserader, die zu Ausschwemmungen führte. Seit Wochen hatten Bewohner beobachtet, dass der Untergrund uneben gewesen sei. Nach starken Regenfällen seien die geparkten Autos 20 Zentimeter im Wasser gestanden.

Sperre

Teile der Josefstädter Straße sowie der Blindengasse werden bis mindestens Montag gesperrt sein. Der Betrieb der Straßenbahnlinie 2 und 5 wurde eingestellt. Die Baufirma hat mit dem Abbau des Krans begonnen.

Nach dem Krach am Dach kam sehr rasch die Feuerwehr. Aber schon nach kurzer Zeit waren auch zwei Busse der Wiener Verkehrsbetriebe da, um die evakuierten Bewohner aus der Josefstädter Straße in Ersatzquartiere zu bringen.

Das „Büro für Sofortmaßnahmen“ vom Wiener Magistrat hat bereits Übung im Evakuieren von Häusern. Nachdem im April eine Gasexplosion ein Haus in der Mariahilfer Straße zerstört hatte, mussten mit einem Schlag 50 Mieter in neuen Quartieren untergebracht werden. Für rasche Lösungen ist die Kreativität der Beamten gefordert. So wurden beispielsweise nach einer Gasexplosion in Wien-Donaustadt vorübergehend leer stehende Dienstwohnungen des AKH zur Verfügung gestellt.

Ist ein Gebäude dauerhaft oder für lange Zeit beschädigt, werden bereits eingerichtete sogenannte „Prekariumswohnungen“ für längere Zeit zur Verfügung gestellt. Dabei wird auch auf die Wünsche der Mieter so weit wie möglich eingegangen.

Das ist zumindest bei den Mietern in der Äußeren Mariahilfer Straße der Fall. Denn ein KURIER-Lokalaugenschein zeigte kürzlich, dass der geplante Wiederaufbau noch geraume Zeit dauern wird.

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