Was der Song Contest mit dem Kinderheim am Wilhelminenberg zu tun hat

Stuhl und Halle von Rainer.
Umstrittene Straßennamen: Neue Prominente unter Verdacht, unter anderem Star-Architekt Roland Rainer.

Hexenverbrennung, NS-Mitgliedschaft und offener Antisemitismus: Der Wirkungskreis jener problematischen Personen, nach denen in Wien Straßen und Plätze benannt wurden, ist weit. Der Historiker Oliver Rathkolb hat gemeinsam mit weiteren Forschern nun unter dem Titel "Umstrittene Wiener Straßennamen" (Pichler Verlag) ein Buch zum Thema vorgelegt. 159 Namen, darunter so klingende wie Ferdinand Porsche (SS-Mitglied) oder Rad-Legende Ferry Dusika (NSDAP- und SA-Mitglied), sind darunter.

Es wurden aber auch Prominente in den Fokus gerückt, die man nicht unbedingt mit braunem Gedankengut in Verbindung gebracht hätte. Darunter Roland Rainer, 2004 verstorbener Star-Architekt. Der Platz vor der von ihm konzipierten Wiener Stadthalle im 15. Bezirk ist nach ihm benannt. Just jener Ort, der im kommenden Frühjahr als Austragungsort des Song Contests im internationalen Blickpunkt steht.

Volksbiologisch

Was der Song Contest mit dem Kinderheim am Wilhelminenberg zu tun hat
APAGIN10 -10042004 - WIEN - OESTERREICH: ZU APA 186 CI - Architekt Roland Rainer am Dienstag, 06. August 2002, im Rahmen einer Fuehrung in der Evangelischen Glaubenskirche in Wien-Simmering. Rainer verstarb am Samstag, 10. April 2004, im 94. Lebensjahr. (ARCHIV) ROLAND SCHLAGER
Rainer war NSDAP-Mitglied. "Er hat aus Karrieregründen in Berlin um Aufnahme in die NSDAP angesucht", sagt Rathkolb. Verbrechen seien dem Architekten nicht vorzuwerfen. Aber "seine Zitate aus dem Jahr 1944 sind irritierend", erklärt der Historiker. Rainer schrieb über aus "volksbiologischer" Hinsicht wertvolle Einfamilienhäuser und untersuchte auch Zusammenhänge zwischen "Rasse und Wohnform".

"Er bleibt ein wirklich bedeutender Architekt", sagt Rathkolb. "Wie Tausende andere Österreicher auch konnte er aber mit seiner Vergangenheit nicht umgehen." In seiner Autobiografie verschwieg Rainer die NSDAP-Mitgliedschaft.

Was der Song Contest mit dem Kinderheim am Wilhelminenberg zu tun hat
Stadträtin Maria Jacobi SPÖ (MITTE!!!!!)
Ein Sonderfall ist auch die ehemalige Wiener Politikerin Maria Jacobi (SPÖ). Sie war 1959 bis 1973 als Stadträtin für die Wiener Kinderheime verantwortlich. Der im Jahr 2013 veröffentlichte Endbericht über das Kinderheim Wilhelminenberg, in dem schwerwiegende Vorfälle (Gewalt und sexueller Missbrauch) dokumentiert wurden, stellte klar fest, dass die Politikerin von zahlreichen Vorfällen gewusst haben muss. "Nach mehreren Reformversuchen änderte sich wenig, bis die Großheime geschlossen wurden", analysiert Marion Wisinger, die am Wilhelminenberg-Bericht mitgearbeitet hat. Nach Jacobi ist eine Gasse im 3. Wiener Gemeindebezirk benannt.

Die Vorsteher der beiden Bezirke wollten sich zur Straßenbenennung nicht äußern.

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