Warum wieder ein Ärztestreik droht
Ab heute befragt die Wiener Ärztekammer die rund 3500 Ärzte in den Wiener Gemeindespitälern, ob sie streikbereit sind. Stein des Anstoßes ist diesmal die Ankündigung des Krankenanstaltenverbunds (KAV), im Herbst 40 Nachtdienste zu streichen.
In keinem anderen Bundesland sorgt die Neuregelung der Spitalsärzte-Arbeitszeit für derart massive Konflikte. Schon zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres steht Wien am Rande eines Ärztestreiks.
"Die Stadt Wien hat die Umsetzung der neuen Arbeitszeiten besonders hart forciert", analysiert Gesundheitsökonom Ernest Pichlbauer. Im Gegensatz zu den anderen Bundesländern habe man den Ärzten in den Gemeindespitälern die Möglichkeit eines Opt-out verwehrt, also die Möglichkeit, im Rahmen einer mehrjährigen Übergangsfrist statt durchschnittlich 48 Stunden doch noch 60 Stunden pro Woche zu arbeiten. Mehr noch: "Der KAV zielt darauf ab, dass die Ärzte überhaupt nur mehr 40 Stunden arbeiten dürfen", sagt Pichlbauer. Dadurch würden bei gleich bleibender Zahl der Patienten enorm viele Arbeitsstunden wegfallen.
Politisch umso unsensibler sei es gewesen, in dieser ohnehin schon angespannten Situation ausgerechnet zu Beginn der sommerlichen Urlaubszeit den geplanten Abbau von 40 Nachtdiensten zu verkünden.
Glaubt man Ärzte- und Rathauskreisen ist aber auch die Ärztekammer nicht ganz unschuldig daran, dass der Konflikt derart eskalierte. Sie orten wenige Monate vor der nächsten Kammerwahl in der Standesvertretung einen internen Machtstreit zweiter Gruppen, die sich deshalb in Kampfrhetorik zu überbieten versuchen – sei es im Widerstand gegen ELGA, Mystery Shopping bei Ärzten oder eben bei der Umstellung der Arbeitszeit.
Auf der einen Seite stehe demnach der jetzige Vizepräsident Johannes Steinhart von der ÖVP-nahen "Vereinigung österreichischer Ärzte", die seit jeher die Wiener Ärztekammer dominierte. Als 2012 sein Fraktionskollege Walter Dorner als Kammerpräsident abtrat, galt er daher als logischer Nachfolger.
Abkehr von der SPÖ
Diese Pläne durchkreuzte dann Thomas Szekeres, Spitzenkandidat der SP-nahen Liste, indem er eine bunte Koalition aus mehreren Fraktionen schmiedete, die ihn letztlich zum neuen Kammerpräsidenten kürten.
Was niemand erwartet hatte: Im Streit um die Arbeitszeiten in den Gemeindespitälern stellte sich Szekeres gegen seine Parteikollegin, Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely und legte letztlich sogar seine SPÖ-Mitgliedschaft zurück. Dem Vernehmen nach will er nun mit einer eigenen Liste in das Wahlduell einsteigen.
"Ich habe noch nicht entschieden, ob ich antrete oder nicht", sagt Szekeres dazu. Mit dem Wahlkampf habe der Widerstand jedenfalls nichts zu tun. "Er geht von den Mitarbeitern in den Spitälern und nicht von der Ärztekammer aus."
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