Vorzeigeprojekt: Freunde aus der Fremde

Tee aus dem Therapiegarten: Die Künstlerin Brigitte Gadnik-Jiskra (Bildmitte) bringt im Pavillon IX in Lainz unterschiedliche Generationen und Kulturen an einen Tisch.
Junge Flüchtlinge helfen im Geriatriezentrum am Wienerwald.
Von Uwe Mauch

So viel Freude! Die Augen der alten Damen, Bewohnerinnen des Pavillons IX im Geriatriezentrum am Wienerwald, leuchten um die Wette, wenn Mittwochnachmittag sieben junge Männer bei der Tür hereinspazieren.

Die sieben werden wie Helden empfangen. So viel Freude, sagt Tarik, wurde ihm bis dato nirgendwo in Österreich entgegengebracht.

Im Deutsch der Juristen sind er und Seinesgleichen "unbegleitete minderjährige Flüchtlinge". Sie wurden in Afghanistan geboren. Sind im Krieg aufgewachsen, mussten von Eltern, Großeltern, Geschwistern fort – und sind auf lebensgefährlichen Pfaden nach Europa geflüchtet. Evident: Es ist ihre höfliche Art und Hilfsbereitschaft, die bei den alten Damen so gut ankommt.

Ganz feine Burschen

"Für uns hat sich das schön angeboten", erzählt die Malerin Brigitte Gadnik-Jiskra, die schon seit vielen Jahren im Auftrag der Volkshochschule Hietzing Senioren in Lainz mit künstlerischen Aktivitäten bei Laune hält.

Vorzeigeprojekt: Freunde aus der Fremde
Flüchtlinge helfen im Geriatriezentrum Wienerwald
Die jungen Männer, die im Haus Sidra des Arbeiter-Samariterbunds in Meidling untergebracht sind und vormittags für den Pflichtschulabschluss lernen, kommen seit August ins Geriatriezentrum. Dort helfen sie auch dem Arzt und Gartentherapeuten Fritz Neuhauser bei der manuellen Arbeit in den Beeten. Der Mediziner freut sich über die tatkräftige Unterstützung der Asylwerber: "Das sind ganz feine Burschen, die sich auch mit Schaufel und Spaten sehr geschickt anstellen und außerdem mit uns auch einmal lachen können."

Fünf Euro erhalten die Helfer pro Stunde. Ihr Honorar ist ein willkommenes Zubrot, es ist aber auch symbolisch zu verstehen: Danke, wir schätzen eure Arbeit!

Gemeinsam mit dem begeisterten Arzt, der engagierten Malerin und den alten Damen produzieren die jungen Afghanen heute einen hervorragenden Brennnesseltee. Den kann man auch kaufen (siehe Infobox unten).

Beim Einsacken der getrockneten Blätter und beim Beschriften der Teesackerln kommt Jung und Alt ins Gespräch. Mögen ihre Geburtsorte und Geburtsjahre Lichtjahre voneinander entfernt liegen, jede/r hat in jungen Jahren prägende Erfahrungen mit dem Krieg gemacht.

Hilfsbereit – gescheit

Berührend sind die Biografien der jungen Gesprächspartner. Wie jene von Mudaser, der sich bei den alten Menschen stets hilfsbereit zeigt. Er kam vor elf Monaten in Traiskirchen an, war zuvor lange zu Fuß unterwegs. Seit fünf Monaten erst lernt er Deutsch. Und spricht bereits besser als mancher Hiesiger. Er möchte unbedingt Informatik studieren.

Doch im Moment kann der 17-Jährige nur hoffen, dass die Behörden seinen Asylantrag positiv erledigen. Und dass es seinen Angehörigen in Kabul gut geht: "Ich habe jetzt schon länger nichts mehr von ihnen gehört."

Aus dem Therapiegarten Die jungen Asylwerber und die Bewohner im Geriatriezentrum am Wienerwald haben die Blätter für ihren Tee im Therapiegarten vor dem Pavillon IX geerntet.

Für alle Hilfsbereiten Es gibt inzwischen neben dem Brennnesseltee mehrere Sorten zur Auswahl. Und die kann man auch kaufen: Zum einen in der Volkshochschule in Hietzing bzw. im Bioladen Kichererbse. Nähere Infos unter: www.vhs.at/hietzing bzw. Telefon: 01 / 89 174 113 000.

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