Vor den Katzen waren die Singvögel
„Eine vergessene Leidenschaft: Von Tauben und Menschen“, heißt das Buch der früheren Journalistin Andrea Dee, in dem sie dem einst in Wien so beliebten Hobby der Taubenzucht nachgeforscht hat. Der 1994 erschienene Band ist heute allerdings nur mehr in Antiquariaten aufzustöbern.
Leichter zu bekommen ist Dees neues Buch, das sie zu einem eng verwandten Thema geschrieben hat: Die in früheren Zeiten gerade in Wien ebenfalls sehr verbreitete Haltung von Singvögeln. „Dabei ging es aber weniger um an sich eher exotische Tiere wie Wellensittiche und Kanarienvögel“, schildert Dee. „Vielmehr wurden heimische Singvögel gehalten.“ Also zum Beispiel Buchfink, Gimpel, Zeisig oder die Mönchsgrasmücke, die in unseren Breiten auch als „Schwarzplattl“ bekannt ist.
Radio-Ersatz
Viele Menschen schätzten den Gesang der Tiere als eine Art Stimmungsaufheller in Zeiten, in denen das Radio noch nicht verbreitet war. Dementsprechend nahm die Bedeutung dieses Hobbys in den 60er- und 70-Jahren deutlich ab.
Im Unterschied zu der Taubenzucht war die Haltung von Singvögeln wesentlich unkomplizierter. Es genügte ein Käfig, der auch in einer kleineren Wohnung aufgestellt werden konnte. In der Regel wurden die Tiere auch nicht gezüchtet, sondern einfach eingefangen.
Es gibt aber auch Parallelen zur Taubenzucht: Auch auf diesem Gebiet bildeten sich eigene Vereine heraus, wurden Wettbewerbe abgehalten. Und es existierte auch hier ein reges städtisches Marktleben, das dabei half, einen gefiederten Mitbewohner zu finden.
Berthold Traxler, Andrea Dee:
Vom Stieglitz, dem Zeiserl, dem Plattl und dem Fink.
Eigenverlag, 330 Seiten,
26,98 Euro
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