Viertel der Wirte kassiert fürs Leitungswasser
Jeder vierte Wiener Wirt bittet seine Gäste mittlerweile fürs Leitungswasser zur Kasse. Etwas mehr als zwei Jahre, nachdem das kostenpflichtige Glas Wasser in der Gastronomie Fuß fasste, gibt es allerdings kaum noch Beschwerden seitens der Gäste.
„Die negativen Reaktionen bewegen sich im Promille-Bereich“, berichtet etwa Landtmann-Chef Bernd Querfeld. Der Wiener Kaffeesieder-Sprecher und Betreiber mehrerer Cafés war einer der Ersten, die fürs Leitungswasser abkassierten – und dafür viel Kritik einstecken mussten.
Mehrheit der Wirte verschenkt Wasser
Zwar sind etliche Gastronomen – insbesondere in der Innenstadt – seinem Beispiel gefolgt, die Mehrheit wagte den Schritt bis dato allerdings nicht.
Peter Dobcak, Sparten-Obmann in der Wiener Wirtschaftskammer, schätzt, dass nur rund 25 Prozent der Wirte fürs Leitungswasser (ohne sonstige Konsumation) kassieren.
In seinen eigenen Betrieben mache Querfeld diese Erfahrung allerdings nicht – obwohl ein halber Liter Leitungswasser in den Cafés Landtmann, Mozart, Museum und Co. 2,50 Euro kostet. „Wasser wird extrem stark nachgefragt“, erklärt er. Wobei es in erster Linie heimische Gäste ausdrücklich das Wiener Hochquellwasser bestellen. Touristen ordern stilles Wasser in der Flasche.
"Moderne Sklaverei"
„Langsam ist bei der Bevölkerung angekommen, dass es beim Preis fürs Wasser nicht um den Wareneinsatz geht, sondern um die Nebenkosten fürs Service“, sagt Dobcak.
Da gehen die Meinungen allerdings auseinander. Wie Querfeld argumentiert auch Ronald Gutharc, Betreiber des „Kuchldragoner“, mit den Servicekosten. Bei ihm zahlt man 1,80 Euro für einen Viertelliter Leitungswasser. Er selbst verdiene daran allerdings nichts. Von den 1,80 Euro entfielen 30 Cent auf die Mehrwertsteuer und der Rest gehe 1:1 ans Personal.
„In der Gastronomie sind die Grundlöhne niedriger, dafür sind die Kellner am Umsatz beteiligt“, erklärt Gutharc. Darum sei es „moderne Sklaverei, wenn jemand etwas gratis will“.
Wien-Touristiker sind nicht erfreut
Sorgen um das Image der Stadt macht man sich dagegen bei Wien-Tourismus. Dort heißt es „Wehret den Anfängen“ – denn ein Imageschaden trete nicht binnen zwei, drei Jahren ein, betont Sprecherin Vera Schweder.
In vielen anderen Ländern – in den USA, in Frankreich oder auch im arabischen Raum – gehöre das kostenlose Wasser zum guten Ton. Wien signalisiere in diesem Punkt „nicht gerade Gastfreundschaft“.
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