"Verrecke!": Der Patriarch, der seine Ex-Frau auf offener Straße niederstach
„Sie hat mir lächelnd ins Gesicht gesagt, dass ich die Kinder nicht mehr sehen werde. Deshalb habe ich sie verletzen müssen.“ – „Verletzen müssen?“ – „Ja, Sie haben mich richtig verstanden.“
Die Vorstellungen, die der 47-jährige Türke Dienstag Vormittag im Landesgericht für Strafsachen in Wien präsentiert, sorgen bei den Zuhörern für Irritation. Es sind Vorstellungen, die letztlich dazu geführt haben sollen, dass der Mann seine Ex-Frau auf offener Straße in Wien niedergestochen hat. Nur weil ein Arzt zufällig vorbeifuhr, überlebte sie.
Die Geschichte des Paares stand von Anfang an unter keinem guten Stern. Die Frau, sie ist in Wien aufgewachsen, hatte andere Vorstellungen als der 47-Jährige. Sie heiratete ihn, weil es der Wunsch der Eltern war.
Und schon schnell entpuppte sich der Ehemann als „Musterbeispiel eines Patriarchen“, wie es die Staatsanwältin ausdrückt. Dass eine Frau ein Recht auf eine Trennung hat, verneint er auch jetzt noch.
Kopftuch auf
Als „Begrüßung“ soll es gleich einmal zwei Watschen gegeben haben – weil die Frau zuvor mit einem Österreicher liiert war. Sie musste plötzlich Kopftuch tragen – und konnte ihrem Beruf als Zahnarztassistentin nicht mehr nachgehen. Wollte sie Kleider tragen, brauchte sie seine Erlaubnis. Trotzdem bekam das Paar zwei Kinder. 2019 zog die Frau schließlich die Trennung durch. Doch der Ex beobachtete sie. Und er bemerkte auch, als drei Jahre später ein neuer Mann ins Leben seiner Ex kam.
Er sprach das Paar im vergangenen Jänner auf der Straße an, soll gedroht haben. Das Paar ging zur Polizei. Beamte kontaktierten den 47-Jährigen und sprachen ein Betretungsverbot aus. „Das dürfte den Mann so wütend gemacht haben, dass er auf die Rückkehr der Frau in ihre Wohnung in Floridsdorf wartete. Die Frau wählte noch den Notruf der Polizei. Doch dort wurde sie nicht ernst genommen, es wurde aufgelegt.
„Ja, ich habe mit dem Messer auf sie gestochen. Aber nur vier Mal“, sagt er. Richter Christoph Bauer: „Wer hat die restlichen sieben Stiche verursacht?“ – „Ich weiß, wie oft ich gestochen habe.“ – „Ich weiß, wie viele Löcher sie im Körper hatte.“
„Verrecke!“
Er habe nur „leicht zugestochen“, sagt der Angeklagte, weil er sie „unterrichten wollte, dass sie sich nicht so verhalten darf.“ Auch das lässt der Richter nicht unwidersprochen: „Haben Sie eine chirurgische Ausbildung? Das ist Unsinn, was Sie hier sagen. Sie hatte einen Magen-Durchstich und fast zwei Liter Blut im Bauchraum.“
„Es war so schnell“, schildert die 42-jährige Frau. Nach dem zweiten Stich sei sie zu Boden gegangen. „Mir ist dann nur noch eingefallen, dass die Kinder ja auf mich warten“, sagt sie unter Tränen. „Verrecke!“, soll ihr der Mann auf Türkisch zugeschrien haben. Passanten eilten zu Hilfe. Ein Monat lag sie im Krankenhaus. Ihr Körper ist mit Narben übersäht. Bis heute kann sie keinem Beruf nachgehen. Albträume plagen sie regelmäßig.
Die Geschworenen urteilten: Schuldig. Lebenslange Haft; nicht rechtskräftig.
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