Prozess: 13-jährige Tochter missbraucht – die Mutter schwieg
Das Leben in der Familie soll seit Jahren von Gewalt geprägt gewesen sein. Kaum ein Tag verging, an dem der 36-jährige Familienvater nicht auf seine Familie eingedroschen haben soll. Doch dabei blieb es nicht. Laut Anklage missbrauchte er im April 2021 zum ersten Mal seine 13-jährige Tochter. „Das ist nicht wahr. Vorher würde ich mich umbringen“, bestreitet der Mann. Irgendwann schöpfte auch die Mutter Verdacht. Doch sie schwieg.
Beitragstäterin
Am Donnerstag sind deshalb Vater und Mutter im Landesgericht für Strafsachen in Wien angeklagt. Die Mutter als Beitragstäterin, weil sie nicht gehandelt haben soll. Die Familie stammt aus Syrien. 2015 flüchtete sie nach Österreich. Doch das Leben in Wien entpuppte sich als Horror. Zumindest für die fünf Kinder und die Ehefrau des Hauptangeklagten. Im Jahr 2016 soll der Mann begonnen haben, seine Frau zu misshandeln. „Es gab Schläge und Ohrfeigen. Er schlug den Kopf der Ehefrau gegen die Wand, damit sie den Mund hält“, schildert die Staatsanwältin. Auch die Kinder sollen die Aggression des Mannes zu spüren bekommen haben: „Er schlug sie mit seinem Gürtel oder einem Stock.“ – „Nur, wenn sie etwas Falsches gemacht haben. Und auf Anweisung meiner Frau“, erklärt der – wegen Körperverletzung vorbestrafte – Angeklagte.
Im Jahr 2019 schritt die Polizei ein, wies den Mann aus der Wohnung. Doch er kam zurück. Und soll seiner Frau eine Teekanne an den Kopf gedonnert haben.
„Ich bringe euch um!“
Als sie eines Tages einkaufen war, soll sich ihr Mann zur Tochter gelegt haben – der Beginn eines Missbrauchs, wie die Staatsanwältin sagt. „Untersteh dich, das jemandem zu sagen. Sonst bringe ich euch alle um!“, soll er danach gedroht haben. Das Mädchen schwieg.
Auch als seine Frau im Krankenhaus ein Kind auf die Welt brachte, soll er sich an seiner Tochter vergangen haben. Eines Nachts wachte die 35-jährige Ehefrau auf. Ihr Mann war nicht im Bett. Sie fand ihn im Kinderzimmer, er zog sich hektisch seine Jogginghose hoch. Als sich die Tochter der Mutter anvertraute, meinte die: „Bitte schreib alles auf, was er tut. Wann er es tut“. Dann legte sie sich auf die Lauer, um mit dem Handy Beweise zu sammeln. Die Polizei informierte sie nicht.
„Man muss sich in ihre Situation versetzen, sie war sechs Jahre lang immenser Gewalt ausgesetzt. Die Beweise waren für sie die einzige Möglichkeit, aus dieser Spirale zu kommen“, sagt ihr Anwalt Andreas Reichenbach. Prozess vertagt.
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