„Vergessener“ Bahnhof hat schon 60.000 Euro verschlungen
Die Bahnhofshalle ist an diesem Morgen menschenleer. Im bleichen Neonlicht hält ein Regionalzug, ein paar Menschen steigen aus und gehen mit raschen Schritten aus dem Bahnhof. Keiner, den es hier lange hält. „Dabei hätte der Franz-Josefs-Bahnhof enormes Entwicklungspotenzial“, sagt Martina Malyar, Bezirksvorsteherin am Alsergrund. Seit Jahren kämpft sie für eine Modernisierung. Vergeblich.
Während der neue Hauptbahnhof kurz vor der Teilinbetriebnahme steht und Bahnhöfe wie Wien Mitte oder der Westbahnhof renoviert und ausgebaut wurden, vegetiert der Franz-Josefs-Bahnhof vor sich hin. Mit einer Fläche so groß wie die Shopping City Süd trennt der Bahnhofsblock das Liechtental vom Donaukanal. Nur auf zwei verwinkelten Fußwegen kann man das Areal durchqueren – „aber bei Nacht trau’ ich mich das nicht“, sagt Malyar. Barrierefrei sind sie obendrein nicht.
Hoffnung
Im Jänner 2011 sah die Zukunft noch rosig aus. Die neu gewählte Planungsstadträtin Maria Vassilakou (G) wollte den begonnenen Leitbild-Prozess ihres Vorgängers fortführen. 280.000 Euro wurden vom Gemeinderat genehmigt, um gemeinsam mit den Bürgern am Alsergrund die Umgestaltung zu erarbeiten. 60.000 Euro davon wurden bisher eingesetzt, unter anderem für eine Ausstellung im Jänner 2012, bei der Studenten ihre Ideen für das Areal präsentierten. Rückblickend gesehen verschwendetes Geld. Denn seitdem ist nichts geschehen.
Das liegt vor allem an den komplizierten Eigentumsverhältnissen ( Grafik ). Der Grund gehört bis auf den vorderen Teil den ÖBB, deren Bahngleise überplattet wurden. Darauf wurden mehrere Gebäude errichtet, etwa die Wirtschaftsuniversität (WU), die Post oder ein Parkhaus. Mit dem Auszug der WU kam es zur Diskussion über die Weiternutzung. Die ÖBB untersuchten, ob ihre Züge nicht schon in Spittelau enden könnten. Damit hätte man schlagartig eine riesige Fläche als Stadtentwicklungsgebiet bekommen.
Doch mittlerweile wollen die ÖBB den Bahnhof weiter erhalten. Ein Grund dafür ist, dass die ÖBB für ihre Grundstücke eine Pacht von den Gebäudebesitzern bekommen, ein sogenanntes Superädifikat. Dem Vernehmen nach soll allein das Wissenschaftsministerium für die WU jährlich eine Million überweisen. Ein gewichtiger Grund, um die Situation zu belassen, wie sie ist. Zudem will die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) die WU als Ausweichquartier für andere renovierungsbedürftige Einrichtungen nutzen. So soll nach der WU die Universität für angewandte Kunst einziehen, nachher das Parlament.
„Dann wäre das Areal bis 2020 besetzt“, sagt Malyar, die nun Druck auf Stadträtin Vassilakou macht. In einem Bezirksantrag wurde die Stadträtin aufgefordert, den Entwicklungsprozess fortzuführen. Dabei sollen Schritte bis 2015 vorgegeben werden.
„Das sind Wünsche an das Christkind“, entgegnet Vassilakou, die darauf hinweist, dass die Stadt auf dem Areal über keine Grundstücke verfügt: „Ich kann niemandem vorschreiben, wie er mit seinem Eigentum umzugehen hat.“ Man sei in Gesprächen mit allen Beteiligten. Der Leitbild-Prozess wurde auf Eis gelegt, die verbliebenen 220.000 € eingefroren. „Wir werden erst weitermachen, wenn es Bewegung gibt, alles andere wäre Verschwendung von Steuergeld.“
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