Vassilakou setzt die Koalition fort
Auch nach dem überraschenden Wechsel des Integrationssprechers der Wiener Grünen, Senol Akkilic, zur SPÖ wollen die Grünen die Koalition mit SPÖ-Bürgermeister Michael Häupl weiterführen. Im Gespräch mit dem KURIER betonen die Grüne Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou und ihr Klubobmann David Ellensohn allerdings, dass „die Empörung sehr groß ist und tief sitzt“.
Aber man wolle nicht, dass die SPÖ bis zur Wahl jetzt alleine alle Entscheidungen in Wien trifft. Daher habe man sich zur Fortsetzung der Koalition entschlossen. „Was am Freitag passiert ist, ist kein Grund für uns, unsere Arbeit einzustellen“, betont Vassilakou. Die Grüne Vizebürgermeisterin gesteht ein, dass das nicht gerade einfach werde: „Das wird so sein, wie wenn man im Winter den Donaukanal durchschwimmen möchte.“ Aber schlussendlich gehe es darum, die geplanten Vorhaben für Wien noch umzusetzen – auch wenn die SPÖ „den Geist der ersten Auflage von Rot-Grün begraben hat“.
Die Entscheidung zum Weiterregieren ist das Ergebnis eines mehrstündigen Krisentreffens der Grünen Klubmitglieder und Teilen des Landesvorstandes, das nach dem Eklat im Vorfeld der Landtagssitzung am Freitag eilig einberufen worden war.
Hintergrund der aktuellen Regierungskrise ist das jahrelange Ringen um ein faireres Wahlrecht für Wien. Wie berichtet, wollten die Grünen zuletzt mit FPÖ und ÖVP das derzeitige System ändern, das die SPÖ deutlich bevorzugt. Aus diesem Grund hatte es zuletzt in der Rathauskoalition massive Verstimmungen gegeben. Bürgermeister Häupl, der das Wahlrecht nicht als Grund für eine Vorverlegung der Wahl gesehen hat, stemmte sich mit seiner Partei aber gegen den Vorstoß seines Grünen Koalitionspartners und stellte am Freitag mit dem Wechsel des Grünen-Integrationssprechers Akkilic zur SPÖ im Landtag eine Pattsituation her. Durch den Stimmengleichstand war es Grün-Blau-Schwarz nicht mehr möglich, ein neues Wahlrecht vor den Gemeinderatswahlen im Oktober zu erzwingen.
Vassilakou und Ellensohn betonen gegenüber dem KURIER, dass sie an einer Fortsetzung von Rot-Grün auch nach der Wahl arbeiten: „Allerdings mit neuen Spielregeln“. Themen wie die Wahlrechtsreform sollen künftig nicht mehr an Arbeitsgruppen delegiert werden. „Diesen Vertrauenvorschuss wird es nach den bisherigen Erfahrungen mit der SPÖ nicht mehr geben“, sagt Vassilakou. Vorhaben sollen vielmehr unmittelbar entschieden werden. Dies gelte auch für jene, die noch bis zu den Wahlen anstehen. „Die SPÖ soll keine Möglichkeit für Tricksereien mehr haben.“
Dem Koalitionspartner – Vassilakou bezeichnet ihn nur mehr als „Vis-à-vis in der Regierung“ – wirft sie vor, „ein kaputtes Verständnis von Politik“ zu haben. Besonders kritisiert sie die im Wiener Landtag von der SPÖ zur Schau getragene „Demonstration einer Allmacht.“
Die Roten hätten mit ihrem Vergehen jeden Respekt an demokratischen Grundlagen vermissen lassen. „Das ist genau das, was die Bevölkerung an der Politik so satt hat“, ist die Vizebürgermeisterin empört.
„Pseudo-Verhandlungen“
Spätestens am Wahltag werde die SPÖ aber für ihr Foul am Landtag, aber auch an der Wiener Bevölkerung, die Rechnung präsentiert bekommen. „Die Wiener haben dieses Machtgehabe der SPÖ wahrgenommen.“ Und weiter: „Intern mag man sich am Freitag zwar für diesen tollen Schachzug gefeiert haben, letztlich war dieses Vorgehen aber sehr patschert“, ist Vassilakou überzeugt. „Keiner, der Zeuge der Landtagssitzung am Freitag war, wird jemals noch in Pseudo-Verhandlungen mit der SPÖ zum Thema Wahlrecht einsteigen.“ Eine Änderung bleibt nach wie vor das Ziel der Grünen.
Dass man die aktuelle Krise aufgrund mangelnder eigener Kompromissbereitschaft beim Wahlrecht selbst verursacht haben könnte, weisen die Grünen zurück.„ Es gab nie ein Kompromiss-Angebot der SPÖ“, betont Klubchef Ellensohn. „Sie war zu keinem Zeitpunkt abschlussbereit.“ Man sei zu geduldig gewesen und habe zu lange nicht erkannt, dass die SPÖ an ehrlichen Verhandlungen nicht interessiert war.
Mit Akkilic habe es nach seinem überraschenden Überlaufen zur SPÖ keinerlei Gespräche mehr gegeben. „In der Landtagssitzung hat er gegen den Antrag gestimmt, den er noch selber unterschrieben hat“, schildert Vassilakou. „Das sagt wohl alles.“
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