Staatsdiener dürfen Vorgesetzten öffentlich kritisieren
Ein neues Urteil des Verwaltungsgerichtshofes hat weitreichende Auswirkungen für Beamte. Denn Staatsdiener dürfen in Interviews mit dem TV oder Zeitungen ausdrücklich ihre Vorgesetzten kritisieren. „Sachliche Kritik des Beamten an der eigenen Behörde ist nicht nur durch das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung geschützt, sondern auch als notwendiges Mittel zur Optimierung der Verwaltung...anzusehen“, schreibt das Höchstgericht als Schlusswort eines Prozesses.
Grund für das (rechtskräftige) Urteil ist ein langjähriger Arbeitskampf in der Spanischen Hofreitschule in Wien. Auf der einen Seite steht dabei deren Chefin Elisabeth Gürtler. Auf der anderen der Oberbereiter Klaus Krzisch, der einer der wenigen Auserwählten ist, der von seinen Vorgängern die hohe Kunst der Lipizzaner-Dressur gelernt hat. Denn diese Lehre wird nicht aufgeschrieben, sondern nur mündlich weitergegeben.
Zwischen der Modernisiererin und dem alteingesessenen Oberbereiter kam es 2009 zum Eklat. Krzisch wurde zunächst beurlaubt und später zwangspensioniert.
Auslöser war ein KURIER-Interview in dem Gürtler ihren Oberbereiter scharf kritisierte. „Alles war immer ein ,Schas’ für ihn“, sagte sie in Bezug auf Krzisch. Das verärgerte den Oberbereiter. Der ORF-Report fragte ihn, ob er ein Interview dazu geben wolle. Krzisch sagte zu, kritisierte Gürtler und bezichtigte sie sogar indirekt der Lüge. Eine von ihr behauptete zweite Equipe für Reitvorführungen gab es (noch) gar nicht. Er hatte Recht.
Zwangspensionierung
Dennoch war das der Hauptauslöser für die Zwangspensionierung. Der Verwaltungsgerichtshof sieht allerdings eine – auch in Medien-Interviews geäußerte – Kritik an Vorgesetzten, solange sie nicht „unangemessen, beleidigend oder verletzend“ ist, als ausdrücklich gerechtfertigt an.
„Krzisch würde nun gerne wieder in der Hofreitschule arbeiten“, sagt sein Anwalt Dominik Konlechner, der das Urteil erkämpft hat. Doch weder das zuständige Landwirtschaftsministerium noch Gürtler würden seit Wochen auf Gesprächsangebote eingehen, sagt er. Seit dem Urteil im April gab es einen inhaltsleeren Brief und im Mai wurde die Pension überwiesen (statt dem normalen Gehalt).
Im Landwirtschaftsministerium ist von „laufenden Gesprächen“ die Rede, in der Hofreitschule will man gegenüber dem KURIER plötzlich nichts mehr zu dem Fall sagen. Schließlich gebe es unangenehme Fragen zu beantworten: So könnte die im Jahr 2012 groß gefeierte schwarze Null im Hofreitschulen-Budget damit eine Chimäre geworden sein. Da wurde das Krzisch-Gehalt offenbar nicht dazugerechnet. Ein Oberbereiter verdient bis zu 170.000 Euro im Jahr, das gefeierte Plus lag bei gerade einmal 30.000 Euro. „Spanische Hofreitschule erstmals im Gewinn“, lauteten damals die Schlagzeilen.
Krzischs Gehälter müssen nun nachbezahlt werden. „Nächstes Jahr wird er sein normales Pensionsalter erreichen“, sagt Konlechner. Bis dahin wird er rund sechs Jahre auf Steuerkosten spazieren gegangen sein. Außer man findet doch noch einen Platz für ihn.
Kommentare