Urban Boulder: "Stadt ist unser Spielplatz"

Eine Stadt wie Wien bietet ein unermessliches Kletter- und Bouldergebiet für Philipp Stromer: Wände, Türme und oft auch Brücken
Kein Gesetz verbietet, auf Brücken oder Häuser zu klettern – Urban Boulder nutzt das aus.

Feuerwehr, Rettung, 15 Polizeibeamte und die Spezialeinheit WEGA mussten vergangene Woche ausrücken, um fünf Jugendliche aus dem Flakturm am Wiener Augarten zu holen. Das Quintett war in das baufällige Gebäude eingedrungen und hatte die maroden Wände erklommen. Da sie sich weigerten, wieder herunterzusteigen, schritt die WEGA ein.

"Wir mussten uns einer unnötigen Gefahr aussetzen und auf ein Stiegenhaus klettern, wo es 40 Meter in die Tiefe geht", sagt WEGA-Chef Ernst Albrecht. Außer einer Anzeige wegen Hausfriedensbruch konnte man den Jugendlichen rechtlich nichts vorwerfen.

Schlecht für das Image

Solche gefährlichen Aktionen ärgern aber nicht nur die Polizei, sondern vor allem jene, die den Sport "Urban Boulder" professionell betreiben – also ungesichert Gebäude und Wände in der Stadt hinaufklettern.

Urban Boulder: "Stadt ist unser Spielplatz"
City bouldern
Philipp Stromer ist der Kopf der Community in Wien und schon seit sechs Jahren in dieser Szene unterwegs. "Solche unbedachten Aktionen ziehen den Sport in den Dreck und verpassen uns ein schlechtes Image", klagt der 33-Jährige, der im "echten Leben" Architekt ist.

Als der KURIER Stromer zum Interview trifft, fällt sofort auf, wie der Kletterer das Gebäude ansieht. Er überlegt, wo man an den Mauern am besten Halt finden könnte und welche Route am geeignetsten wäre, um den mehrstöckigen Bau zu erklimmen. "Die Stadt ist unser Spielplatz", sagt Stromer.

Die Urban-Boulder-Sportler veranstalten auch Wettbewerbe in Wien. Bisher alles unangemeldet. "Wir sind in einer rechtlichen Grauzone. Es gibt kein Gesetz, das verbietet, auf Brücken oder Gebäude zu klettern." Wenn besorgte Anrainer trotzdem die Polizei rufen, werden die waghalsigen Sportler meistens nur verwarnt. "So lange wir nichts kaputtmachen und nirgends eindringen, kann uns keiner anzeigen."

Das bestätigt auch Roman Haslinger von der Wiener Polizei. "Wir können die Kletterer nur wegen Hausfriedensbruchs anzeigen." Sollte es doch zu einem größeren Einsatz kommen, weil ein Kletterer geborgen werden müsste, dann können aber unangenehme Konsequenzen drohen. "Ein Polizeieinsatz kann mehrere Tausend Euro kosten. Das müssen die Sportler dann selbst zahlen", warnt der Polizist.

Ehrenkodex

Auf die Frage nach dem Nervenkitzel muss Stromer schmunzeln. "Natürlich gibt es einen Kick, wenn man eine schwierige Wand bezwingt. Wenn wir einen guten Platz zum Klettern sehen, dann juckt es in den Fingern," gibt der Urban- Boulder-Kletterer zu.

Der inoffizielle Ehrenkodex muss für jeden Kletterer immer im Vordergrund stehen. Kein Klettern auf Statuen, kein unbefugtes Eindringen in Gebäude. "Das Wichtigste ist zu wissen, wo die eigenen Grenze liegen", betont Stromer.

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