Besuch in Paris
Denn Schellhorn ist im Außenamt auch für die Auslandskultur und die UNESCO zuständig, weshalb er der UN-Organisation in Paris einen „Antrittsbesuch“ abstattete. Dabei ging es logischerweise auch um das umstrittene Heumarkt-Projekt, dessentwegen Wien schon seit 2017 auf der roten Liste des gefährdeten Welterbes steht. Eine internationale Blamage eigentlich, die auch der Staatssekretär beenden möchte. „Wien muss Weltkulturerbe bleiben – soll sich aber dennoch in seinem Stadtbild in einem modernen und der Zeit angepassten Rahmen weiterentwickeln können“, postete Schellhorn nach Gesprächen mit UNESCO-Vize-General Ernesto Ottone und Welterbe-Direktor Lazare Assomo. Beim Heumarkt-Projekt gelte es, „gemeinsam an einer für alle tragfähigen Lösung zu arbeiten“.
Daraufhin meldeten sich hochkarätige Akteure aus Politik, Kultur und Denkmalschutz beim KURIER, die den Schellhorn-Auftritt deplatziert fanden: Derlei sei „höchst problematisch“, „jenseitig“ oder „zu Investorenfreundlich“: „Die Hilfe für Rot-Pink in Wien ist ein Bärendienst“, heißt es da. Und: „Schellhorn droht am glatten Parkett der Diplomatie auszurutschen.“
Doch warum ist der Heumarkt – seit mehr als 100 Jahren Heimat des Eislaufvereins – für einen Staatssekretär so gefährliches Terrain? Seit Wien auf der roten Liste steht, existiert ein klar definiertes Prozedere: Es gibt Jahresberichte, Experten-Missionen, Gutachten – und alljährlich im Sommer die Welterbekonferenz, wo das aus 21 Staaten bestehende Welterbekomitee die Entscheidungen trifft. Und zwar unabhängig.
Standing steht am Spiel
Wie berichtet, wird Wien laut Entwurf ein weiteres Jahr auf der roten Liste verbringen müssen. „Da jetzt als Politiker einzugreifen, ist sehr heikel. Österreich setzt sein kulturdiplomatisches Standing aufs Spiel“, wird kritisiert. Nachsatz: „Dabei ist Wien ohnedies auf einem guten Weg, denn es gibt ja laufend Zugeständnisse.“
Schellhorn sieht die Sache im KURIER-Gespräch aber anders: Es sei in Paris sogar wohlwollend anerkannt worden, dass es nach fast zehn Jahren wieder einmal „ein Treffen auf dieser hohen Ebene zwischen Bundesregierung und Unesco“ gegeben habe. Der Kritik entgegnet er: „Hätte ich nichts getan, gäbe es vielleicht den Vorwurf, ich sei inaktiv.“ Und mit einem Augenzwinkern ergänzt er: „Meine Aufgabe ist es – man glaubt es kaum – in diplomatischer Art und Weise zu vermitteln. Ich gehe, positiv gesprochen, jetzt im Kreis zu allen involvierten Stellen und versuche, eine Lösung herbeizuführen.“
Inhaltlich gibt es freilich noch nichts Neues zu berichten: Das Hochhausprojekt von Investor Michael Tojner ist der UNESCO nach wie vor zu hoch. Hat es mit ihm auch schon ein Treffen gegeben? „Ich habe nichts ausgemacht. Wichtig ist ein guter Informationsstand zum Projekt“, so Schellhorn, der dazu übrigens „eine klare subjektive Meinung“ hat: „Die ist jetzt aber irrelevant.“
Dass diese Haltung konträr zur früheren Parteilinie verläuft, darf angenommen werden. Außenministerin Beate Meinl-Reisinger war als Wiener Neos-Chefin entschieden gegen den Luxuswohnturm und verlangte eine Volksabstimmung. Auch Schellhorn forderte 2019 im Nationalrat, dass man am Heumarkt „die Bürger miteinbeziehen“ muss. Genau da sind die Wiener Neos aber im Sommer 2024 „umgefallen“, indem sie gegen eine Umweltprüfung – und damit Bürgereinbindung – gestimmt haben.
Kultur bleibt zuständig
Koalitionsintern sei der Vorstoß mit dem Kulturministerium abgesprochen gewesen, beteuert Schellhorn. Denn eigentlich sind die Welterbe-Agenden ja dort bei der nationalen Koordinatorin Ruth Pröckl angesiedelt. Was man im Büro von Vizekanzler Andreas Babler auch noch einmal extra unterstreicht. Zu hören ist aber auch, dass man deswegen keinen Koalitionskrach anzetteln will und Schellhorn „einmal machen lässt“.
Ex-Landtagspräsident Woller wird verlängert
Getroffen hat sich Schellhorn auch schon mit Bürgermeister Michael Ludwig. Dabei war auch Ernst Woller, der eigentlich als Landtagspräsident a. D. in Pension sein sollte. Es wird aber ein Unruhestand, denn er bleibt nun definitiv Wiens Welterbebeauftragter (wie bereits im Februar berichtet): „Der Bürgermeister hat schon gesagt, ich soll mich um diese wichtige Frage weiter kümmern. Ich bin und bleibe also der kompetente Chefberater“, sagt Woller, den der KURIER telefonisch beim Wien-Ball in Manila erreichte.
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