Wettbewerbsklage
Wohl nicht so ganz zufällig findet heute ein weiterer Verhandlungstag in einem schon länger schwelenden Rechtsstreit dazu statt.
Konkret hat das Rote Kreuz eine Wettbewerbsklage gegen das Wiener Unternehmen Europlasma eingereicht. „Die Klage zielt daraufab, dass plasmasammelnde Unternehmen in Zukunft – wie im Blutsicherheitsgesetz geregelt – keine überhöhten Geldbeträge mehr bezahlen“, heißt es in einer an den KURIER übermittelten Stellungnahme des Roten Kreuzes.
Damit soll erwirkt werden, dass „gleiche Voraussetzungen für die Ansprache von Spendern herrschen.“
Kein Geld beim Roten Kreuz
Wer beim Roten Kreuz Blut spendet, aus dem ebenfalls Plasma gewonnen werden kann, erhält nämlich kein Geld.
Das Rote Kreuz argumentiert unter anderem mit der „Sicherheit der Blutprodukte und dem Schutz der Empfänger von Blutprodukten vor Infektionen“. Übersetzt heißt das wohl: Wenn Geld bezahlt wird, wird eine andere Klientel an Spendern angelockt, als wenn alles auf Freiwilligkeit beruht.
Beim Termin von Stadt WKW und IG Plasma zeichnete man ein komplett anderes Bild. „Wenn die Aufwandsentschädigung wegfallen würde, würden 90 Prozent der Spender nicht mehr kommen“,sagte IG-Plasma-Vorsitzender Matthias Gessner. Und das sei fatal.
Immerhin benötigen 80 Prozent aller Österreicher im Laufe ihres Lebens ein Plasma-Präparat (siehe Grafik). Darunter sind etwa Gerinnungspräparate oder Medikamente, die bei Verbrennungen oder bei Herzoperationen gebraucht werden.
Das Rote Kreuz fürchtet für sich hingegen einen Rückgang bei den freiwilligen Spendern, wenn die Aufwandsentschädigung weiter bewilligt werde. Es werde befürchtet, dass „dass diese Art der Spendenwerbung mittel- und langfristig die Vollversorgung mit Blutprodukten in Gefahr bringt.“
Milliarden-Industrie
Dass Wirtschaftsstadtrat und Wirtschaftskammer den Firmen zur Seite gesprungen sind, dürfte anhand von Zahlen zu erklären sein. Die Plasma-Produktion ist nämlich ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor für Wien.
Laut WKW-Analyse generieren die drei Blutplasma-Unternehmen Takeda, Octapharma und Europlasma eine Bruttowertschöpfung von knapp mehr als einer Milliarde Euro. Diese Industrie sichere zudem fast 10.000 Arbeitsplätze in Wien.
10.000 Jobs, 500 Millionen Euro Steuern
Die öffentliche Hand profitiert von Steuern in Höhe von 500 Millionen Euro. Außerdem werden in Wien zehn Prozent aller weltweit verfügbaren Blutplasma-Präparate hergestellt.
Was darum niemand infrage stellt: Plasmaspender werden gebraucht. Corona habe auch die Plasma-Industrie getroffen – da weniger Spender gekommen seien, so Gessner. Zwischendurch stand ein Viertel weniger Plasma zur Verfügung. Das normalisiere sich langsam, „aber ganz sind wir noch nicht da, wo wir waren.“
Spenden kann man jedenfalls bei den Plasma-Unternehmen selbst und beim Roten Kreuz.
Wirtschaftsfaktor
Standorte Plasma spenden kann man in den BioLife-Plasmazentren in der Kirchengasse, in der Operngasse, im Donauzentrum und in Favoriten (www.plasmazentrum.at). Oder in den Europlasma-Filialen am Alsergrund sowie in Floridsdorf (www.europlasma.at). Die Aufwandsentschädigung beträgt 20 bis 25 Euro
40.000 Plasmaspender gibt es pro Jahr in Österreich. Sie sorgen jährlich für 500.000 Liter direkt gespendetes Plasma. Doch das Spendenvolumen geht zurück. Um zehn Prozent seit 2015 und um 50 Prozent im Zuge der Covid-19-Lockdowns
Ökonomische Bedeutung Die Wiener Plasmawirtschaft verzeichnet eine Bruttowertschöpfung von 1.076,3 Millionen Euro pro Jahr. In Wien schafft man 8.879 Jobs, im ganzen Bundesgebiet 10.595
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