Trafikant erstellt Psychogramm: „Frau Esti ist sehr dominant“
Am Donnerstag fällt das Urteil. Der Zeuge ist nach seiner Betätigung als Hobby-Psychologe schon mehr oder weniger dankend entlassen, aber er will unbedingt noch etwas „zu dem Keller mit den Leichen“ loswerden. Der Trafikant hat sein Geschäft neben dem Eissalon „Schleckeria“ der unter Doppelmordanklage stehenden Estibaliz Carranza betrieben, und er war es, der ihr den Keller gezeigt hat. Er wies „die Frau Esti“ auf ein leer stehendes Abteil hin, und auf eine alte Tiefkühltruhe, die mitten im Gang stand. Darin versteckte die 34-Jährige die zwei erschossenen, zerteilten und einbetonierten Männer.
Als der Trafikant wieder einmal in den Keller kam, war auf dem Abteil schon ein neues Schloss angebracht und die Truhe verschwunden. Drei Wochen später habe der Installateur „widerrechtlich“ den Keller aufgebrochen, „sonst wären die Leichen noch Jahre nicht gefunden worden“.
Dritter Prozesstag
Trotz Panne bei Zeugenladungen und entgegen der Infoscreen-Ankündigung – „Urteil fällt in Kürze“ – in der U-Bahn schon am Mittwoch vormittag, wird der Mordprozess wie geplant am Donnerstag zu Ende gehen. Davor erstattet Gerichtspsychiaterin Adelheid Kastner ihr Gutachten. Mit dem Trafikanten aber bekommt sie Konkurrenz.
Selbstbewusst
Er war mit seiner Frau zwar nur zwei Mal im Monat im Eissalon Kaffeetrinken, traut sich aber zu, „Frau Esti“ und die wechselnden Männer in ihrem Leben zu charakterisieren. Sie sei sehr selbstbewusst gewesen, habe auf Kritik unwirsch reagiert und sich nichts sagen lassen, gibt der Zeuge Bassena-Tratsch von sich. Ehemann Holger Holz (Opfer Nummer eins) sei das offenbar zu bunt geworden, eines Tages war er fort. „Aber das ist ja nicht unüblich, dass in einer Ehe jemand verschwindet und dann nicht mehr auftaucht.“
Nach einigen „Auslaufmodellen“ kam „der Herr Manfred“, der etwas „herablassende“, aber geschickte Eishändler Manfred Hinterberger (Opfer Nummer zwei). Da sei sie anfangs „sehr handzahm“ gewesen, was den Trafikanten wunderte. Aber bald schon orakelte er: „Esti, du bist sehr dominant, Manfred ist dominant, lang geht das nicht gut.“ Sie habe angedeutet, sie gebe die alte Beziehung immer erst auf, wenn die neue klappt.
Richterin Susanne Lehr belehrt den Zeugen, „nicht zu raten“, sondern nur zu reden, „wenn Sie etwas wissen“. Aber da ist das Niveau des Geschworenenprozesses schon auf Bezirksgerichtsebene gesunken. Verteidiger Rudolf Mayer dankt dem Trafikanten süffisant dafür, dass dieser „so viel Aufschluss geben“ konnte.
Weicher Kerl
Aber noch sind andere Zeugen zu überstehen, welche die Version der Anklagten von den grauslichen Männern ins Wanken bringen. Holz wird als „Teddybär“ beschrieben, Hinterberger als „weicher Kerl“. Als er verschwand, sagte die Angeklagte zu einer Verkäuferin im Eissalon: „Der liegt mit einem Mädchen irgendwo in der Sonne.“ Da lag er schon, wie sein Vorgänger, im Keller. Einer Freundin hatte Carranza angekündigt (ohne dass diese das ernst nahm), sie werde ihn „erschießen und die Leiche mit Katzenstreu tarnen, dass er nicht stinkt“.
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