Terrorverdacht in Wien: 47-Jähriger Tschetschene enthaftet

Terrorverdacht in Wien: 47-Jähriger Tschetschene enthaftet
Die Staatsanwaltschaft selbst stellte den Antrag. Es habe von Anfang an kein einziges Beweismittel gegen ihn gegeben, sagt sein Anwalt.

Einer von drei angeblichen Terroristen, die vor Weihnachten in einer Flüchtlingsunterkunft in Wien-Ottakring im Zusammenhang mit kolportierten Anschlagsplänen auf den Stephansdom sowie den Kölner Dom festgenommen worden sind, befindet sich seit vergangenem Freitag wieder auf freiem Fuß. "Er wurde auf Anordnung der Staatsanwaltschaft enthaftet", teilte Florian Kreiner, der Verteidiger des 47-jährigen Tschetschenen, am Sonntagabend der APA mit.

Die Staatsanwaltschaft Wien bestätigte das auf APA-Anfrage. Die Anordnung sei erlassen worden, "weil sich der dringende Tatverdacht nicht erhärtet hat", wie Behördensprecherin Nina Bussek feststellte.

Ursprünglich hatte es geheißen, der bisher unbescholtene Familienvater habe gemeinsam mit einem 28-jährigen Tadschiken und dessen 27 Jahre alter Ehefrau, die seit 2022 in Wien lebten, einem Länder übergreifenden radikalislamistischen Terror-Netzwerk angehört, das Anschläge in Deutschland und in Wien erwogen haben soll. 

Mobiltelefone werden derzeit ausgewertet

Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt gegen die mutmaßliche Zelle der Terrorgruppe "Islamischer Staat Provinz Khorasan (ISPK)" wegen terroristischer Vereinigung (§278b StGB) in Verbindung mit terroristischer Straftaten (§278c StGB). Im Zug einer Hausdurchsuchung waren bei den vor Weihnachten in Wien festgenommenen mutmaßlichen Islamisten, die die wider sie erhobenen Vorwürfe abstreiten, 14 Mobiltelefone sichergestellt worden, die seither ausgewertet werden.

In Bezug auf den 47-Jährigen habe es "von Anfang an kein einziges Beweismittel gegeben", betonte dessen Verteidiger im Gespräch mit der APA. "Er ist nur deshalb festgenommen worden, weil er in der Flüchtlingsunterkunft zufällig direkt neben dem 28 Jahre alten Tadschiken gewohnt hat", sagte Anwalt Kreiner.

Auslieferungsverfahren für anderen Mann eingeleitet

Indes bestätigte die Sprecherin der Wiener Anklagebehörde, dass in Bezug auf einen in Deutschland festgenommenen 30 Jahre alten Tadschiken, der derselben Terror-Zelle angehören soll und der mehrmals in Wien war, ein Auslieferungsverfahren in die Wege geleitet wurde. Er war auf Basis eines von der Staatsanwaltschaft Wien beantragten Europäischen Haftbefehls am 24. Dezember in Wesel festgesetzt worden. Der Mann befindet sich derzeit in der Justizvollzugsanstalt Köln. Das Auslieferungsverfahren ist bei der Generalstaatsanwaltschaft Köln anhängig, teilte die Kölner Polizei am Sonntag mit.

Die deutschen Sicherheitsbehörden hatten kurz vor Weihnachten Hinweise auf einen im Kölner Dom oder im Umfeld des Doms geplanten Terroranschlag erhalten. Dahinter sollten islamistische Extremisten stehen. Nach weiteren Ermittlungen berichtete die Polizei zu Silvester, es handle sich um ein "Geflecht von Menschen aus Zentralasien". Für den Anschlag habe ein Auto genutzt werden sollen. Im Zusammenhang mit den Ermittlungen wurden zu Silvester vier weitere Männer aufgegriffen.

Drei von ihnen im Alter von 25, 30 und 38 Jahren hatten die tadschikische beziehungsweise usbekische Staatsangehörigkeit und wurden in Nörvenich im Kreis Düren sowie in Duisburg und Herne im Ruhrgebiet festgesetzt, der vierte, ein 41 Jahre alter Deutschtürke, in Bochum. Nur der in Düren festgesetzte Mann, ein 25 Jahre alter Tadschike, kam auf richterliche Anordnung in polizeilichen Langzeitgewahrsam. Er kann noch bis 14. Jänner festgehalten werden. Die anderen wurden zu Neujahr wieder freigelassen. 

Die Polizei betonte, die Ingewahrsamnahmen hätten der Gefahrenabwehr gedient.

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