Terrorangst: Die Nervosität ist nicht gewichen

Reges Treiben beim Adventzauber am Rathausplatz.
Seit dem Terrorangriff in Paris sind in Wien viele Zivilstreifen auf Märkten und in Öffis unterwegs.

Vor drei Wochen erschütterte der IS-Terror Paris. 129 Menschen verloren an belebten Plätzen der Metropole ihr Leben. Das Ziel der Selbstmord-Attentäter, kollektive Angst zu schüren, ging auf – nicht nur in Paris.

Weltweit wurden Sicherheitsmaßnahmen noch weiter hochgefahren. Verstärkte Polizeipräsenz gehört plötzlich zum Stadtbild – auch in Wien. Uniformierte Beamte (zum Teil schwer bewaffnet) und zivile Kollegen patrouillieren durch Bahnhöfe, Einkaufsstraßen oder die Weihnachtsmärkte der Stadt.

Der KURIER fragte am gut besuchten Adventzauber vor dem Wiener Rathaus nach, wie es denn mit der Angst vor möglichen Anschlägen steht.

Sonja Katschermann und Christine Wewerka, Ballonverkäuferinnen, sind nachdenklich, aber nicht ängstlich: "Wird man Opfer eines Anschlages, dann ist das Vorbestimmung. Wie will man sich dagegen wehren? Zu Beginn des Adventzaubers war hier ganz wenig los." Der Adventmarkt vor dem Rathaus öffnete einen Tag nach der Pariser Terrorserie am 14. November.

Auch Peter Erdelyi, Standler am Rathausplatz, spricht von wesentlich weniger Publikum: "Ich glaube schon, dass zumindest in den ersten drei Wochen die Angst viele mögliche Besucher davon abhielt, zu uns zu kommen. Heuer fehlt das Gedränge. Aber auch das warme Wetter und das fehlende Geld spielen eine Rolle."

Doch so mancher Besucher wehrt sich ganz bewusst gegen das Angst-Diktat. Franz Mospointner, Student in Wien, und seine Freunde wollen sich nicht einschüchtern lassen: "Meine Kumpels und ich kommen am Abend oft hier her. Unsere Gesellschaft muss zeigen, dass wir unsere erworbenen Rechte verteidigen. Und Angst war immer ein schlechter Begleiter."

Um bei Straftaten schnell reagieren zu können, verstärkte die Exekutive die zivilen Streifen. Auch auf Weihnachtsmärkten und in den öffentlichen Verkehrsmitteln. So patrouillierten Donnerstagabend zwei Kripo-Beamte am Advent-Markt. Neben der Schutzfunktion bei eventuell terroristischen Übergriffen verfolgen die Beamten in erster Linie Taschen- und Ladendiebe, Dealer oder aggressive Bettler.

Das Einsatzgebiet der beiden Zivilbeamten Gottfried W. und Thomas S. ist die Wiener City, gespickt mit Adventmärkten und Events mit großen Menschenansammlungen. Die Polizisten sind via Funk (Ohrstöpsl) mit der Einsatzzentrale verbunden. "Unser Fokus liegt neben konventionellen Straftätern natürlich auch bei Auffälligkeiten betreffend der Terror-Problematik. Man ist sensibilisiert", bestätigen die Kriminalisten.

Fehlalarme

Wie sehr die Nerven bei den Behörden angespannt sind, zeigen die U-Bahn-Unterbrechungen 2015. Answer Lang, Sprecher der Wiener Linien bestätigt neun Fehlalarme auf den U-Bahn-Linien. Keiner dieser Vorfälle war mit Terror in Verbindung zu bringen, sondern wurde durch vergessenes Gepäck oder von amtsbekannten Unruhestiftern ausgelöst. Trotzdem wurden die Streifentätigkeit in Öffis – durch Uniformierte und Zivilbeamte – erhöht.

Die Polizei agiert aktuell mit dem höchst möglichen Personaleinsatz. "Pro Tag sind etwa 1000 Uniformierte in Wien im Außendienst unterwegs", so Polizei-Sprecher Paul Eidenberger. Im Hintergrund sorgen weitere 200 bis 400 Beamte für Sicherheit. Eidenberger dazu: "Viele dieser Einheiten versehen keinen Streifendienst. Dass mögliche Straftäter die zivilen Kräfte nicht wahrnehmen können, ist durchaus von Nutzen."

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