Terror-Prozess gegen junge Schwedin: 1 Jahr teilbedingt

Die 17-jährige Schwedin am Donnerstag im Straflandesgericht in Wien.
17-Jährige wollte sich IS anschließen. Am Wiener Westbahnhof festgenommen.

Eine 17-jährige Schwedin, die sich nach Ansicht der Wiener Strafverfolgungsbehörden der Terror-Miliz " Islamischer Staat" (IS) anschließen wollte, ist am Donnerstag im Straflandesgericht wegen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung zu einem Jahr Haft verurteilt worden. Ein Monat wurde unbedingt ausgesprochen, den Rest sah der Schöffensenat der Jugendlichen auf Bewährung nach.

"Es ist nicht notwendig, die Angeklagte weiter einzusperren"

Da die mehr als zweimonatige U-Haft auf die Strafe anzurechnen war, öffneten sich für die Jugendliche nach der Verhandlung die Gefängnistore. "Es ist nicht notwendig, die Angeklagte weiter einzusperren", hielt der vorsitzende Richter Andreas Hautz in der Urteilsbegründung fest. Wichtiger sei es, dass die 17-Jährige jetzt in ihre Heimat zurückkehrt "und man dort die nötigen Maßnahmen ergreift, eventuell durch Jugendwohlfahrtsbehörden", stellte Hautz fest. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Während Verteidiger Wolfgang Blaschitz die Gerichtsentscheidung akzeptierte, gab Staatsanwalt Florian Pöschl vorerst keine Erklärung ab.

Die Eltern befürchteten Radikalisierung

Das Mädchen mit somalischen Wurzeln war Anfang Dezember in Wien festgenommen worden. Wie der Staatsanwalt ausführte, war die Schülerin aus ihrem Elternhaus in Linköping - einer 140.000 Einwohner zählenden Industrie- und Universitätsstadt in der Provinz Östergötland - verschwunden und über Kopenhagen und Berlin in die Bundeshauptstadt gelangt. Ihrer Familie gelang es, die Vermisste mittels Handypeilung in Wien zu orten, worauf sie sich an die österreichischen Behörden wandten. Die Angehörigen äußerten dabei die Befürchtung, ihre Tochter, die sich zuletzt radikalisiert hätte, könne am Weg nach Syrien sein bzw. einen Anschlag planen.

Terror-Prozess gegen junge Schwedin: 1 Jahr teilbedingt
ABD0016_20160218 - WIEN - ÖSTERREICH: Sicherheitskräfte am Donnerstag, 18. Februar 2016, anl. des Prozesses gegen eine 17-jährige Schwedin wegen IS-Terrorverdachts im Straflandesgericht in Wien. Dem Mädchen mit somalischen Wurzeln wird angelastet, sie habe über die sogenannte Balkanroute nach Syrien gelangen wollen, um sich dort der Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) anzuschließen. - FOTO: APA/HELMUT FOHRINGER

"Wenn sie sich nicht bekehren lassen, darfst du sie töten"

Die 17-Jährige wurde schließlich am Westbahnhof aufgegriffen, wobei sie den einschreitenden Polizeibeamten beschied, sie habe "keine Bombe" bei sich. In weiterer Folge wurde ein Strafverfahren wegen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung eingeleitet, denn bei der Untersuchung ihres Handys fand sich IS-Propaganda-Material, darunter Videos von Gräueltaten. Zahlreiche Chat-Protokolle deuteten zudem auf eine radikalislamistische Gesinnung der 17-Jährigen ("Aber wenn sie sich nicht bekehren lassen, darfst du sie töten") und ihre Absicht hin, ins syrische Kriegsgebiet zu gelangen. Von Heiratsplänen mit einem IS-Kämpfer war etwa die Rede. Die Jugendliche begrüßte auch die Terror-Anschläge in Paris ("Man zahlt Frankreich seine Aktionen in Syrien zurück") und forderte Chat-Partner dazu auf, in den Jihad zu ziehen.

Anwalt: Die 17-Jährige habe "in jugendlichem Übermut" gehandelt"

Seine Mandantin habe "diesen Leuten irgendwelche kruden Gedanken zugeworfen", hielt Verteidiger Blaschitz der Anklage entgegen: "Die haben sich gefragt, ob sie irgendwo dagegen gelaufen ist oder noch ganz bei Trost ist". Die 17-Jährige habe zu keinem Zeitpunkt Kontakt zu IS-Mitgliedern gehabt und sich allenfalls mit Sympathisanten der Terror-Miliz unterhalten. "Das ist nicht strafbar", verwies Blaschitz auf das Recht auf freie Meinungsäußerung und die ebenfalls verfassungsrechtlich verankerte Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit. Die 17-Jährige habe "in jugendlichem Übermut" gehandelt: "Die Jugend hat das Privileg des Blödseins und des Dahergeplappers."

Terror-Prozess gegen junge Schwedin: 1 Jahr teilbedingt
ABD0017_20160218 - WIEN - ÖSTERREICH: Sicherheitskräfte am Donnerstag, 18. Februar 2016, anl. des Prozesses gegen eine 17-jährige Schwedin wegen IS-Terrorverdachts im Straflandesgericht in Wien. Dem Mädchen mit somalischen Wurzeln wird angelastet, sie habe über die sogenannte Balkanroute nach Syrien gelangen wollen, um sich dort der Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) anzuschließen. - FOTO: APA/HELMUT FOHRINGER

"Ich wollte andere Mädchen treffen"

"Ich wollte andere Mädchen treffen", meinte die zierliche Angeklagte in ihrer Beschuldigtenvernehmung. Zu ihren angeblich drei weiblichen Twitter-Bekanntschaften konnte sie allerdings keine näheren Angaben machen. Auf den richterlichen Hinweis, dass sie grundsätzlich keine Fragen beantworten müsse, zog sie sich auf ihr Schweigerecht zurück, nachdem sie noch erklärt hatte, sie habe - in Wien angekommen - gleich wieder "nach Hause fahren wollen".

Schöffensenat: "Eine ideologische Verwurzelung im IS" stehe außer Frage

Für den Schöffensenat stand am Ende außer Frage, dass bei der 17-Jährigen "eine ideologische Verwurzelung im IS" gegeben war, wie Richter Hautz in der Urteilsbegründung darlegte. Die junge Schwedin habe zwar keinen Kontakt zu IS-Mitgliedern, aber den Plan gehabt, nach Syrien zu gelangen, um den IS psychisch zu unterstützen, etwa durch Stärkung der Gruppenmoral oder Heirat. Das reiche für einen Schuldspruch im Sinne der Anklage.

Zahlreiche schwedische Medienvertreter

Der Verhandlung wohnten zahlreiche schwedische Medienvertreter und auch die Eltern des Mädchens bei. Der Fall sorgte in Schweden für beträchtliches Aufsehen, zumal das, was der 17-Jährigen angekreidet wurde, in ihrer Heimat nach derzeitiger Rechtslage gar nicht strafbar wäre. Deshalb hatte Schweden auch kein Auslieferungsersuchen erstellt, was erst die Zuständigkeit der Wiener Justiz begründete.

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