17-jährige Schwedin: IS-Terroristin oder Opfer?

17-jährige Schwedin: IS-Terroristin oder Opfer?
Geplante Reise nach Syrien ist in ihrer Heimat nicht strafbar, kein Auslieregungsbegehren. Jetzt ermittelt Staatsanwalt in Wien

Die am 5. Dezember am Wiener Westbahnhof festgenommene 17-jährige Schwedin, die sich auf dem Weg nach Syrien befunden haben soll, ist Tatverdächtige und Opfer zugleich.
In Österreich wird gegen die junge Frau wegen mutmaßlicher Unterstützung der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) ermittelt. In ihrem Heimatstaat Schweden sieht die Justiz das angebliche Vorhaben der 17-Jährigen, in den Dschihad („heiliger Krieg“) zu ziehen, differenzierter. Man geht davon aus, dass ihre psychische Labilität ausgenützt wurde. Deshalb wird die junge Frau eher als Opfer betrachtet. In einer schwedischen Zeitung hatte eine Verwandte erklärt, das Mädchen habe sich in letzter Zeit radikalisiert, für den IS Partei ergriffen und gewirkt, als wäre es einer Gehirnwäsche unterzogen worden.

Als die junge Frau daheim verschwand, erstatteten ihre Eltern Abgängigkeitsanzeige und informierten die Behörden über die wahrscheinliche Reiseroute der Tochter. Diese wollte sich in Wien mit einer Freundin treffen und angeblich nach Syrien weiterreisen. Es wurde eine internationale Fahndung eingeleitet, die schließlich via Handyortung in Wien Erfolg zeigte. Die Festgenommene wurde in die Justizanstalt Wien-Josefstadt eingeliefert. Dort saß sie zunächst in Auslieferungshaft, weil angenommen wurde, dass Schweden ihre Überstellung zur strafrechtlichen Verfolgung begehren wird.

Kein Tatbestand

Das ist aber nicht der Fall. Wie der KURIER im Wiener Landesgericht erfuhr, stellt Schweden keinen Auslieferungsantrag. Die Vorwürfe an die junge Frau erfüllen nach schwedischem Recht keinen strafbaren Tatbestand. Mit Verspätung – im Hinblick auf die bereits länger bestehenden Regeln in anderen EU-Ländern – planen die Schweden, auch Reisen in Terror-Kampfgebiete samt deren Vorbereitung sowie Anwerbung und Terrorfinanzierung unter Strafe zu stellen. Derzeit wird nur verfolgt, wer konkrete Tathandlungen gesetzt hat. Das aber mit aller Härte. Erst kürzlich hat ein Gericht in Göteburg zwei Dschihadisten zu lebenslanger Haft verurteilt, weil sie an der Enthauptung zweier Personen in Syrien beteiligt waren.

Enthaftet wird die 17-Jährige aber nicht. Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt gegen sie nach dem Terrorparagrafen 278 b, obwohl die junge Schwedin keine österreichische Staatsbürgerin ist und wahrscheinlich in Österreich auch keine strafbare Handlung gesetzt hat.

Wenn sich ein mutmaßlicher Täter aber in Österreich (auch bloß auf der Durchreise) aufhält und nicht in seine Heimat ausgeliefert werden kann, muss die Anklagebehörde nach § 64 des Strafgesetzbuches ermitteln. Und zwar ohne Rücksicht auf die Gesetze des Tatortes.

Die junge Schwedin wurde daher formell aus der Auslieferungshaft entlassen und in U-Haft genommen. Sie blieb, wo sie war, nämlich in der Abteilung für (weibliche) Jugendliche in der Josefstadt. Dort hat sie bereits Besuch von ihrer Mutter aus ihrer Heimatstadt Linköping bekommen.

Botschaftsbesuch

Auch die schwedische Botschaft in Wien hat den Besuch eines Mitarbeiters in der Justizanstalt angesagt.

Das Mädchen ist gemeinsam mit jungen weiblichen Erwachsenen (bis 21) untergebracht, die sprachlichen Barrieren machen der Schwedin zu schaffen. Sie kann zwar etwas englisch, ihre Mitinsassinnen können aber kaum englisch.

Die Jugendgerichtshilfe bemüht sich derzeit darum, dass die junge Schwedin in der Anstalt eine Beschäftigung bekommt.

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