Studie über Lebensqualität in der Seestadt Aspern

Seit September 2014 zogen 6000 Menschen in die Seestadt
Experten erhoben, dass 82,3 Prozent gerne im neuen Stadtteil leben. Unzufrieden sind 1,9 Prozent.

Der Himmel über der Seestadt Aspern ist herbstlich-grau, leichter Wind kühlt die Luft. Dennoch ist das Seeufer belebt: Junge Paare spazieren Hand in Hand am Ufer entlang, Kinder schaukeln um die Wette, junge Burschen zischen auf ihren Rädern über die Promenade. Die Stimmung wirkt entspannt, erinnert gar an Urlaub. Doch wie lebt es sich tatsächlich in diesem neuen Stadtteil, in dem bereits 6000 Menschen wohnen?

"Warum sind die Menschen hierher gezogen? Und wie zufrieden sind sie? Auf diese spannenden Fragen suchten wir Antworten", erklärt Wiens Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ). Daher gab die Stadt eine Studie in Auftrag, deren Ergebnisse gestern, Mittwoch, präsentiert wurden. Durchgeführt wurde die Studie vom Institut für Soziologie der Universität Wien, befragt wurden 467 Seestädter.

"Das stärkste Motiv für den Umzug war, dass die Menschen in einem neuen Stadtteil wohnen wollten", erklärt Ludwig. Dies traf auf 51,1 Prozent der Befragten zu. 48,9 Prozent freuten sich auf ein Leben im Grünen, 45,1 Prozent auf eine Wohnung mit Balkon. "Vorwiegend siedelten sich junge Paare und Familien an", führt Ludwig weiter aus. "Nur 22 Prozent der Bewohner sind Singles" Zudem ist die Seestadt jung: 82 Prozent der Bewohner sind jünger als 45.

"Urlaubsgefühle"

82,3 Prozent gaben an, gerne in dem neuen Stadtteil zu leben – unzufrieden sind nur 1,9 Prozent. Für 71 Prozent ist die Seestadt ein "Ort für Familie und Kinder", für 55 Prozent sogar "ein Ort, der Urlaubsgefühle auslöst". Daher bilanziert Ernst Nevrivy, Bezirksvorsteher der Donaustadt (SPÖ): "Unser Ziel, Wohnraum im Grünen mit einer guten öffentlichen Anbindung ins Zentrum zu schaffen, ist aufgegangen."

Doch wie sieht der Alltag abseits des Fragebogens aus? "Ich wohne direkt am See und bin sehr zufrieden", schildert etwa Renate Klement. "Es gibt Bäume und Blumen, dafür kaum Verkehr. Hier führe ich gerne meinen Hund aus." Ebenso schätze sie die Radwege und Joggingrouten entlang des Sees und die netten Nachbarn. Was ihr weniger gefalle? "Es gibt kaum Parkplätze für Besucher", erwidert sie. "Und im Sommer ist der See zu klein für die vielen Besucher."

Da kommen die Teenager Catherine und Philipp des Weges: Ja, auch ihnen gefalle es gut in der Seestadt. "Aber mich stört, dass nur jede zweite U-Bahn bis zu Endstation fährt", kritisiert der 15-Jährige.

Anders sieht das Alexander Barany: Er gehört zu den 1,9 Prozent der Unzufriedenen und möchte demnächst wegziehen. "Schauen Sie sich die Sahara vor der Türe an", sagt er und deutet auf einen geschotterten Platz. "Wegen dieser Flächen staubt es so stark, dass man täglich putzen muss." Er fährt mit dem Finger über den Rand eines Regals und präsentiert die graue Fingerspitze. Zudem sei es Nachts zuweilen zu laut, und ein einziger Supermarkt sei zu wenig für alle Bewohner des neuen Stadtteils.

Konfrontiert mit den Wünschen der Bürger, erwidert Nevrivy, dass es für Besucher bereits 1900 Stellplätze in den Garagen sowie 600 an der Oberfläche gebe.

Bei den geschotterten Flächen, die für den Staub verantwortlich gemacht werden, handle es sich um sogenannte "wassergebundene Decken", die die zukünftige Nutzung offen lassen. Das Material setze sich jedoch im Laufe der Zeit, somit erledige sich auch das Problem.

Dass sich die Bewohner mehr Parkplätze und Einkaufsmöglichkeiten wünschen, ergab auch die Studie. "Die Seestadt wächst. Je mehr hier wohnen, umso mehr wird die Nahversorgung florieren",sagt Nevrivy. Dies werde auch die Situation mit der U-Bahn verbessern: Derzeit seien selbst zur Stoßzeit noch zu wenige Pendler unterwegs, um jeden Zug bis zur Seestadt zu führen. Aber "mit fortschreitender Besiedlung", so hofft Nevrivy, könnte es künftig für jeden Zug heißen: "Endstation Seestadt".

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