Streit um Verkauf von Sozialwohnungen

Streit um Verkauf von Sozialwohnungen
Aberkennung der Gemeinnützigkeit droht / Kritik am Vorgehen der Stadt Wien.

Aufregung herrscht um die Zukunft von rund 3000 Sozialwohnungen in Wien. Offenbar gab es beim Verkauf der Wohnbauvereinigung der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (WBV-GÖD), der die Wohnungen gehören, an einen privaten Unternehmer Unregelmäßigkeiten. Die Stadt hat ein Prüfverfahren eingeleitet. An dessen Ende könnte die Aberkennung der Gemeinnützigkeit stehen.

Die Gewerkschaft hat bereits 2003 die WBV an ein privates Unternehmen verkauft, das diese wiederum an den jetzigen Inhaber Christian Hosp um sechs Millionen Euro weiterverkaufte. Diese zweite Transaktion wurde nun vom Revisionsverband der gemeinnützigen Bauvereinigungen untersucht.

Laut Presse liegt das Ergebnis nun vor. Demnach gebe es einige Punkte, die auf einen unrechtmäßigen Verkauf hinweisen. Deshalb hat die MA50 als zuständige Aufsichtsbehörde ein Verfahren eingeleitet. Dabei geht es vor allem um den Aspekt, dass die Eigentümergesellschaft "derzeit unter überwiegendem Einfluss von Personen, die als Angehörige des Baugewerbes einzustufen sind, steht". Das ist unzulässig. Erhärtet sich dieser Verdacht, kann die MA50 einen Antrag stellen, dass die Wiener Landesregierung die Gemeinnützigkeit aberkennt.

Für Mieter und ihre bestehenden Verträge würde sich nichts ändern, betont ein Sprecher von Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ). Nur frei werdende Wohnungen könnten von Änderungen betroffen sein. In den Reihen der gemeinnützigen Bauträger gibt es jedoch Juristen, die diese Rechtsmeinung für falsch halten.

Dort wird die Vorgangsweise der Gemeinde kritisch hinterfragt. Es sei ja der Wunsch des Investors, die Gemeinnützigkeit loszuwerden. Denn nach der Aberkennung können die Wohnungen zum Marktpreis verkauft werden. Das ist für den Investor ein gutes Geschäft. Laut Schätzungen soll der Wert der Wohnungen bei 600 Millionen Euro liegen. Die Vorgangsweise der Stadt könne als Anregung verstanden werden, mit einer ähnlichen Konstruktion wie bei der WBV-GÖD die Gemeinnützigkeit von Wohnbauten auszuhebeln.

Massive Bedenken

Der Aufsichtsratsvorsitzende der WBW-GÖD, Stefan Gregorich teilt diese Bedenken: "Die Behörde tut den Finanzinvestoren einen Gefallen und entzieht dem Bauträger die Gemeinnützigkeit. Das betreiben die ja. Die zahlen eine Strafe von ein paar Millionen und bekommen eine Beute von 600 Millionen Euro."

Gregorich erwartet sich, dass "sich Stadtrat Ludwig gesetzeskonform verhält". Die vom Rathaus verbreitete Rechtsmeinung "stimmt nicht". Beim Verkauf fehle die Genehmigung der Aufsichtsbehörde. "Daher ist das per se rechtsunwirksam. Ich wundere mich, ob wir noch in einen Rechtsstaat leben. "

Im Büro Ludwig bestreitet man hingegen, dass die Stadt über Instrumente verfüge, eine Rückabwicklung des Verkaufs zu erzwingen.

Allerdings hat die Stadt Wien auch die Möglichkeit, das Vermögen des Bauträgers nach Aberkennung der Gemeinnützigkeit einzuziehen. Dazu gibt es ein zweistufiges Verfahren, bei dem der Wert der Gebäude ermittelt wird. Wenn der Schätzwert 600 Millionen beträgt, müsste der Eigentümer diesen Betrag der Gemeinde überweisen. Dann wäre der Kauf des Bauträgers für den Investor kein gutes Geschäft gewesen.

Der Eigentümer habe auch bereits versucht, Gregorich als Aufsichtsratsvorsitzenden ablösen zu lassen. Er habe sich aber geweigert, zu gehen, schildert dieser.

Unklar ist, was die GÖD dazu motiviert hat, einen gemeinnützigen Bauträger an einen privaten Investor zu verkaufen. Ausgerechnet eine Gewerkschaft spielt mit der Gemeinnützigkeit im Wohnbau. Der KURIER hat versucht, dies bei der GÖD herauszufinden. Dort konnte man am Freitag aber keine Stellungnahme abgeben.

Von "einem großen Missverständnis" spricht indes Eigentümer Christian Hosp. "Ich werde um die Beibehaltung der Gemeinnützigkeit für die Gesellschaft kämpfen – und damit auch um den Erhalt der (Sozial-)Wohnungen in der bestehenden Form", betont er.

Dass Investor Michael Tojner, der zuletzt vor allem durch das umstrittene Wiener Heumarkt-Projekt für Schlagzeilen sorgte, in die Causa involviert sei, bestreitet er: "Es stimmt zwar, dass er mir seinerzeit den Erwerb empfohlen hat. Darüber hinaus hat Tojner keine Funktionen, Interessen oder Einfluss auf diese Angelegenheit." Laut Presse gibt es zwischen WBV-GÖD und Tojner einen Optionsvertrag. Dieser räumt Tojner unter anderem eine Kaufoption ein.

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