Streit um Saudi-Initiative

Streit um Saudi-Initiative
Dialog der Religionen: An dem in Wien geplanten Zentrum scheiden sich die Geister. Vorwurf: Der Islam in Saudi-Arabien sei extrem rigid.

Beim Reden kommen die Leut' zusammen, heißt es: Aufmerksam zuhören und diskutieren - die Anhänger der großen Weltreligionen haben auf diesem Gebiet oft erhöhten Bedarf. Am Donnerstag wird Außenminister Michael Spindelegger gemeinsam mit seiner spanischen Amtskollegin und dem saudischen Außenminister Prinz Saud al-Faisal den Gründungsvertrag für ein neues "Interreligiöses Zentrum" unterzeichnen.

Christen, Juden, Muslime

Wenn der Nationalrat wie erwartet zustimmt, werden sich Vertreter von fünf Glaubensgemeinschaften in der österreichischen Hauptstadt über religiöse Fragen austauschen. Ein neunköpfiges Direktorium soll dafür bürgen, dass es dabei nicht zu einseitig zugeht. Im Gremium sind drei Christen, drei Muslime, ein Jude, ein Hindu und ein Buddhist vertreten. Ihr Quartier bekommt die Organisation im Palais Sturany am Schottenring - wo früher die Bibliothek der katholisch-theologischen Fakultät untergebracht war. Das Zentrum wird allen Staaten offenstehen, die sich die laufenden Kosten teilen.

Was die einen für den langjährigen UNO-Standort Wien als eine passende Ergänzung sehen, sorgt bei anderen für Aufregung. Denn Initiator, Anschub-Finanzier und Namensgeber des Zentrums ist König Abdallah von Saudi-Arabien. Gerade in seinem Land spüren die Menschen kaum etwas von religiöser Toleranz, sagen die Kritiker. Wer vom Islam abfällt, muss mit der Todesstrafe rechnen. "Einerseits sitzt Österreich im UN-Menschenrechtsrat, andererseits sendet die Bundesregierung Signale aus, dass Wirtschaftsbeziehungen über Menschenrechten und Religionsfreiheit stehen, indem sie ausgerechnet Saudi-Arabien beim interreligiösen Zentrum zum Partner macht", wetterte etwa die Grün-Parlamentarierin Alev Korun.

Sekte

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Auch die "Initiative Liberaler Muslime Österreich" warnt davor, dass die Saudis ein Wahabitisches Zentrum errichten. Diese "islamische Sekte" (sie geht zurück auf den Fundamentalisten Muhammad ibn Abd al-Wah-hab, der mit dem Stamm der Sauds einen Pakt schloss) verhindere die Integration der Muslime durch eine fundamentalistische-konservative Auslegung des Islam. Vorsichtig optimistisch gibt sich Carla Amina Baghajati, Frauenbeauftragte der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich. Das Zentrum werde an seiner Offenheit und Transparenz gemessen. An der Vielfalt und der Fähigkeit zur Selbstreflexion - gerade auch, was die Rolle und Rechte der Frau in Religion und Gesellschaft betrifft.

Abwartend ist auch Oberrabbiner Paul Chaim Eisenberg im KURIER-Gespräch: "Am Tag der Unterzeichnung beginnt das jüdische Laubhüttenfest. Deshalb können keine Vertreter der Kultusgemeinde daran teilnehmen." An diesem Feiertag beten Juden traditionell für das Wohl und den Frieden aller Völker. "Ich persönlich", sagt Eisenberg zurückhaltend, "bin generell für den interreligiösen Dialog, der auch friedenstiftend wirken kann. Die Entwicklung dieser neuen Institution werden wir aufmerksam verfolgen."

"Kein Missionszentrum"

Pfarrer Martin Rupprecht, der die Kontaktstelle für christlich-islamische Begegnung in der Erzdiözese Wien leitet und die offizielle Kontaktperson zwischen der Erzdiözese und der neuen Organisation ist: "Auch wenn es viele wahabitische Zentren gibt, auf Wien trifft das nicht zu." Dafür garantiere das Direktorium. Man könne das Projekt "nicht von vornherein ablehnen, nur weil es vom saudischen König ausgeht". "Und natürlich glaube ich, dass ein vernünftiges Programm auf die Beteiligten zurückwirkt."

Im Außenministerium sieht man das Zentrum als wichtige Initiative für den Dialog und Frieden, für das man sich schon seit 2007 - als der saudische König um die Idee warb - interessiere. "Die Struktur des Zentrums ist bewusst so angelegt, dass keine der Religionsgemeinschaften seine Sicht durchsetzen kann", sagt Außenminister Spindelegger. "Es ist ein Zentrum der Weltreligionen. Kein privates Missionszentrum, wie das fälschlich unterstellt wird." Die Unruhen in Kairo mit 26 Toten nennt er als Beispiel, wie Spannungen vielerorts mit religiösen und kulturellen Argumenten angefacht werden und wie groß demnach der Bedarf nach interreligiösem Dialog ist. In diesem Sinn sei das Zentrum ein großer Erfolg für Österreich und Wien als Plattform des internationalen Dialogs.

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