So marode ist das Wiener Straßenbahnnetz

Auf der Rauscherstraße wird die Straßenbahn nun zu einem veritablen Verkehrshindernis. Die durch die TV-Serie Kaisermühlenblues österreichweit bekannte Linie 5 durfte hier seit einiger Zeit nur noch mit 25 km/h durch die Straße an der Bezirksgrenze zwischen Leopoldstadt und Brigittenau rollen.
Nun wurde sogar auf das Tempo eines Traktors reduziert - mehr als zehn km/h sind aktuell für die Bim nicht erlaubt. Die maroden Schienen geben nicht mehr her.
Man sollte meinen, in der lebenswertesten Stadt der Welt wird so ein Problem rasch beseitigt. Doch es wird nicht Wochen oder Monate dauern, sondern eher Jahre. Denn die Wiener Linien haben derzeit weder Geld noch die Zeit, um dieses Autofahrer-Hindernis in absehbarer Zeit zu beseitigen. Andere, größere Projekte haben Vorrang, heißt es.
"Wien verfügt über das sechstgrößte Straßenbahnnetz der Welt - ein so umfangreiches Netz erfordert regelmäßige Wartung und Modernisierung. Da Straßenbahnschienen mit der Zeit abgenutzt werden, müssen sie in regelmäßigen Abständen erneuert werden", erklärt eine Sprecherin der Wiener Linien.

Linie 5 in der Rauscherstraße
Und weiter: "Auf der Rauscherstraße gibt es daher derzeit Langsamfahrstellen, bis die betroffenen Abschnitte erneuert werden. Dieser Bereich ist in der langfristigen Sanierungsplanung berücksichtigt und die Wiener Linien werden zeitgerecht über den geplanten Modernisierungszeitpunkt informieren. Die Priorisierung der Gleissanierungen richtet sich immer an den Gleiszuständen im gesamten Straßenbahnnetz."
Und diese Zustände sind offenbar nicht so großartig, weshalb es für 2024 und 2025 eine spezielle Gleisbauinitiative unter dem Titel "Netz erst recht" gibt. Dabei werden 20 Kilometer Gleis und über 80 Weichen getauscht. Kostenpunkt: 76 Millionen Euro.
"2024 haben wir 53 Weichen und knapp neun Kilometer Gleis modernisiert - das entspricht dem Fußweg von der Staatsoper bis Alterlaa. 2025 könnte man mit den neu verlegten Gleisen die elf Kilometer lange Gehdistanz vom Donauturm bis nach Schönbrunn zurücklegen", heißt es dazu auf der Homepage der Wiener Linien.
"Im Sinne der Fahrgastzufriedenheit sind die Behebungen von Langsamfahrstellen den Wiener Linien und der Stadt Wien ein großes Anliegen", sagt die Sprecherin. Aber: "Der Fokus liegt verstärkt auf großflächige Sanierungen, so sind die Verbesserungen für Fahrgäste deutlich spürbarer als bei mehreren punktuellen Maßnahmen."
Großprojekte für 2025 gebe es beispielsweise in der Hütteldorfer Straße, Jörgerstraße, Schlachthausgasse, in der Schloßhoferstraße und am Ring. Eine der aktuell großen Baustellen ist der Bereich Floridsdorf/Franz-Jonas-Platz, wo seit vergangener Woche gearbeitet wird. Auch hier gab es lange Zeit eine solche 10km/h-Geschwindigkeitsbegrenzung.
Aktuell sind in Wien jedenfalls rund 500 Straßenbahnen auf 29 Linien unterwegs. Die Linie 5 ist dabei eine der ältesten - sie führte bereits 1907 vom Praterstern zur Mariahilferstraße. Ab den 1990er-Jahren wollte man das Straßenbahnnetz aber eigentlich sukzessive verkleinern und durch U-Bahnen und Busse ersetzen.
Doch in den vergangenen zehn Jahren wurde der Trend umgekehrt, die Bim gilt als klimafreundliche Alternative. Schließlich möchte die Stadt, wie berichtet, bis 2030 mehr als 200.000 Autos loswerden. Dafür benötigt man auch ein gutes Straßenbahnnetz. Gute Schienen inklusive.
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